A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve, 1964-65. 2. (Szeged, 1966)

Dienes, István: Über neuere Ergebnisse und Aufgaben unserer archäologischen Erforschung der Landnahmezeit

Gegen die Einfuhr der Goldschmiededenkmäler aus dem Auslande können wir auch gewichtigere Argumente noch anführen. Mit der Vermehrung des Materials ist es immer deutlicher zu erkennen, dass innerhalb eines engeren Umkreises Gegen­stände vom gleichen Formenschatz, von gleicher Bearbeitung und Form und nach demselben Muster verfertigt zum Vorschein kommen. Vor kurzem habe ich den Fried­hof Nr. II. von Orosháza aufgearbeitet, wo ich in einem Frauengrab 19 Stück dünne, plattenartige, gepresste Scheibchen (Rosetten) gefunden habe und zwar in ihrer ur­sprünglichen Anordnung, so dass das ganze Kleid herstellbar war. Die genauen Eben­bilder dieser Scheibchen sind auf dem gleichfalls zu Békés gehörenden Vésztő—Kót­puszta, desgleichen auf dem benachbarten Sikló im Kom. Bihar ausgegraben worden. — Das Ebenbild eines anderen, gleichfalls von der Umgebung von Orosháza stam­menden charakteristischen Beschlages ist aus einem Fund von Orsova bekannt. Die Fundstätten der zwei Reihen der gleichen Gürtelbeschläge liegen scheinbar ferne von­einander, wenn wir aber in Betracht ziehen, dass die Südgrenze des Siedlungsgebie­tes von Aitonynach dem anonymen Notar die Burg Orsova war und es in nördlicher Richtung ganz bis in die Umgebung von Orosháza hinreichte, so kann es nicht zwei­felhaft sein, dass wir die aus derselben Goldschmiedewerkstatt stammenden Stücke zweier Garnituren aufgefunden haben. Vielleicht hat Ajtony als Stammesoberhaupt Gürtel mit aus seiner zentralen Werkstatt stammenden Beschlägen selber an seine im Grenzgebiet seiner Besitzungen lebenden Getreuen verschenkt, wie es bei Steppe­völkern üblich war. (S. noch Ebenbilder von solchen Beschlägen aus Zemplén, Bod­rogvécs und aus der Umgebung von Tiszaeszlár). Mehrere solche Übereinstimmungen gelang es mir noch nachzuweisen in meiner Studie über den Fund von Felsó'balota : so sind z. B. die durchbrochenen Scheiben von Hencida, Gyula und Sarkad in derselben Gussform hergestellt worden; die Pro­dukte derselben Werkstatt sind offenbar auch die Scheibchen von Szeged—Bojárhalom und von Jánosszállás usw., auch wenn ihre Masse abweichend sind. Die vergleichen­den Untersuchungen haben vor allem in dieser Hinsicht eine grosse Wichtigkeit und Bedeutung. Die aus dem sachlichen Nachlass der Landnahmezeit nachweisbaren Zusammen­hänge — die auf den Siedlungsgebieten der Sippen und Stämme nachweisbaren über­einstimmenden, identischen Stücke — bezeugen also, dass die das Karpatenbecken besetzenden Ungarn über Goldschmiedewerkstätten verfügten, von denen je ein Stamm oder eine Sippe versorgt wurde. — Die Erzeugnisse der berühmten ungarischen Goldschmiedekunst dürften wohl auch nach dem Auslande gelangt sein: Swjatoslaw, der Grossfürst von Kiew will 969 seine Residenz nach Perejaslawci an der Donau verlegen, weil nicht nur die byzantinischen Schätze, sondern auch das Silber und die Pferde der Ungarn dorthin strömen (Nestor-Chronik). Unter Silber wird man hier gewiss ebenso Goldschmiedesachen zu verstehen haben, wie unter dem aus Byzanz kommenden Gold. Wir hören ausserdem — gleichfalls aus dem X. Jahrhundert — über ungarländische, sich auf den Jahrmärkten von Prag mit Waren einfindende Händler (Ibrahim-ibn-Jakub). Dem gegenüber sind verschiedenartige Luxus­güter, beliebte Geschmeidearten durch Vermittlung ungarischer und ausländischer und Sippen gestellt worden waren, und auch deren engere Umgebung mit aus ihren Werkstätten herrührenden Waffen und Würdenabzeichen selber versorgt habe. Für diese Hypothese würde noch der Umstand sprechen, dass man solche Taschenplatten auf dem Wohngebiet jener Stämme, die der Staatsorganisation um die Wende des X — XI. Jahrhunderts einen Widerstand leisteten und vielleicht auch schon früher nach Selbständigkeit trachteten, nicht finden kann, wie z. B. auf dem Wohngebiet von Ajtony und Gyula; dieser Annahme widerspricht jedoch, dass diese prächti­gen Denkmäler der Goldschmiedekunst auch auf den transdanubischen Besitzungen des Arpad­Geschlechtes nicht zum Vorschein gekommen sind. 107

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