A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve, 1964-65. 2. (Szeged, 1966)
Dienes, István: Über neuere Ergebnisse und Aufgaben unserer archäologischen Erforschung der Landnahmezeit
sich geht — z. B. in der Gegend der oberen Theiss — und deswegen wir dort in grösserer Zahl Fundorte kennen, hat es den Anschein, dass reichere Gräber und Friedhöfe im Umkreis der Zentralburg einer gebietlichen Einheit, die mit dem Wohngebiet je einer Sippe identifizierbar ist, häufiger vorkommen. Z. B. in der Umgebung der Burg Borsóvá: Beregszász; den ansetzbaren ursprünglichen Mittelpunkt des ehemaligen Komitates Borsóvá Várda (das heutige Kisvárda) geradezu umfassend: Bezdéd, Eperjeske, Rétközberencs, Tuzsér, Anarcs; in der Nähe der Burg von Zemplén das erwähnte Grab eines Sippenoberhauptes, weiter: Bodrogvécs, Bodrogszerdahely ; in der Gegend der Burg Szabolcs : Kenézlő, Rakamaz, Tiszaeszlár, Bashalom; bei der Burg Szolnok: Szolnok-Sztrázsahalom; aber auch anderswo, z. B. auf dem Gebiet des Dukates von Nyitra Galgóc usw. Es ist offenbar, dass diese Beerdigungen die treuesten Leute, vertraute Freunde, vornehme Kampfgenossen, begleitende Kameraden und deren Familienmitglieder bergen. Das Sippenoberhaupt kann als Herr des Gebietes nur in der Burg gewohnt haben, hierfür dient als Beweis — ausser den Quellenangaben (Väczy, Györffy) — das vornehmlich reiche Grab von Zemplén. Aus diesen zielbewussten Ansiedlungen kann mit vollem Recht daran gedacht werden, dass das Sippenoberhaupt über das Siedlungsgebiet der Sippe verfügen konnte und ging damit auf die Weise um, wie mit seinem eigenem Besitz, die besten Gebiete behielt er für sich, und seine vertrauten Leute um sich sammelnd bestimmte er die Ordnung des Ansiedeins und des Weidens, übte seine Macht über die ganze auf dem Gebiet lebende Bevölkerung aus. Die angeführten Friedhöfe stammen alle aus den Zeiten vor der Staatsgründung Gézas und Stephans, bezeugen also, dass die Burgen schon vor der Ausbildung der königlichen Komitatsorganisation — als Siedlungsorte der Sippenoberhäupter — Mittelpunkteje eines Gebietes waren. Die archäologischen Daten lassen uns also vermuten, dass die königliche Komitatsorganisation über die Siedlungsgebiete der Sippen bzw. über ihre Burgenorganisation aufgebaut wurde ((Pauler, Károlyi, Glázer, Váczy, Györffy). Eine andere Frage ist, von wem die Burgen erhoben wurden. Ein Teil von ihnen mag bestimmt schon ein hier gefundener vorzeitlicher oder aus der Völkerwanderungszeit stammender Bau gewesen sein, der von unseren Vorfahren höchstens nur renoviert wurde, wie ja von ihnen auch geeignete römische Gebäudeüberreste (Amphiteathra) mit Vorliebe als Wohnorte der Vornehmen gewählt wurden. Das Ungartum mag aber auch selber Burgen gebaut haben, und hierüber zeugt nicht nur unser vor der Landnahme übernommenes iranisches Lehnwort vár 'Burg' und zerstreute Hinweise in historischen Quellen, sondern immer mehr auch archäologische Zeugnisse: über die gebrannten Erdwälle des westlichen Grenzgebietes ist am meisten das anzunehmen, dass diese von den Ungarn erhoben wurden (Nováki Gy., Zur Frage der sogenannten „Brandwälle" in Ungarn. Acta Arch. Hung. 16, 1964, 99— 149). Nach der Feststellung und gefälligen Mitteilung von Júlia Kovalovszki war auch die Burg bei Doboz in Kom. Békés von kleinem Ausmass: „Sámsonvára'" ein früher ungarischer Bau usw. Im Gegensatz zu allgemein verbreiteten Ansichten ist es sicher, dass die Verrichtung von Arbeiten, die eine grössere Organisation und planmässige Beschäftigung der Bevölkerung verlangten, den landnehmenden Ungarn nicht fremd gewesen sein wird. Mit Hilfe der archäologischen Quellen können wir — wie wir gesehen haben — auch in die soziale Organisation des Ungartums der Landnahmezeit Einblicke bekommen, was uns auch ermöglicht, im Gegensatz zu den Methoden der Geschichtsschreibung nicht nur aus den Daten der Arpadenzeit Rückschlüsse zu tun auf die Zustände des X. Jahrhunderts, sondern mit methodischen Forschungen im Gange des wirklichen historischen Ablaufes die Entwicklung der Zustände angefangen 100