Kunt Ernő szerk.: Kép-hagyomány – Nép-hagyomány (Miskolc, 1990)

I. RÉSZTANULMÁNYOK - Ingeborg Weber-Kellermann: A vidékiek kultúrájáról és múzeumi ábrázolásukról

Gerät der Flachs gut, so läßt ein Reicher ihn auf einmal brechen und schwingen und dingt dazu so viele Mädchen, daß er an einem Tag fertig wird, hieß es aus dem Rheinland. Diese Mädchen heißen „Herren" und kommen leicht in sonderbaren Kon­flikt mit den Dreschern. Gelangen sie in die Scheuer, wo gedroschen wird, so entsteht ein wildes Ringen. Sie suchen, den Dreschern Mütze und Hut abzunehmen, und bewer­fen sie mit „Ahnen" (Flachsabfälle), die gerne ankleben. Erwischen aber die Drescher einen solchen „Herrn", so wird er ohne Gnade in ein Bund Stroh gebunden und muß sich still verhalten. Die Deutung der Flachsbräuche läßt sich vornehmlich auf die Opposition Frauen­Männer konzentrieren, denn sie waren eine Ausnahme in der sonst patriarchalisch geregelten Arbeitswelt. Es war ein scherzhafter Kampf der Geschlechter mit deutlichen sexuellen Anspielungen. Am Beispiel „Flachs und seine Bearbeitung" ließe sich also nicht nur eine wichtige Arbeitsphase der alten agrarischen Gesellschaft in allen Einzel­heiten darstellen (und damit die arbeitsreiche Vielfalt des damaligen Alltagslebens), sondern auch das soziale Miteinander der Geschlechter auf dem Hofe: Abhängigkeiten und mehr oder weniger scherzhafte Oppositionen, Sollen und Wollen, Pflichten und Rechte, Männliches und Weibliches. Wie lebendig könnte man an der Zeichenvielfalt der Flachsgeräte die Wirklichkeiten des alten Dorflebens dem Museumsbesucher ver­mitteln und die sozialen Aussagen der Dingwelt verdeutlichen! Es geht also nicht da­rum, dem ästhetisch verwöhnten Blick des Kunstliebhabers die rührende Schönheit einer Scheunenkultur anzupreisen, sondern dem traditionellen Prinzip der musealen „Schönheit des Einzelgegenstandes" ein funktionales Verständnisprinzip entgegenzu­setzen: Was bedeuteten die Gegenstände für die Menschen, die mit ihnen umgingen? Das Museum stellt sie wegen dieses kulturellen Funktionszusammenhanges aus und nicht wegen ihres irgendwie vorhandenen ästhetischen Wertes durch Bemalung und dekoratives Schnitzwerk. Auch das ist übrigens, falls vorhanden, mit Funktionen ver­bunden und muß vor diesem Hintergrund präsentiert werden. Es handelt sich meist um Minnegaben der Burschen - nicht um professionelle Feierabendkünste des Handwerks - und damit um Dinge, die mit der Einleitung der Ehe auf dem Dorfe zu tun hatten. Der dazugehörige kommunikative Ort war meist die Spinnstube, in der die jungen Leute abends zusammenkamen, die Mädchen mit ihren kleinen tragbaren Spinnrädern, - doch darauf kann ich hier nur verweisen. Eng im Zusammenhang mit all diesen textilen Fertigkeiten steht das Thema Klei­dung, hier ländliche Kleidung, die oft in den Landes- und Heimatmuseen einen breiten Raum einnimmt, ohne den Museumsbesucher über den mehr oder weniger erstaunli­chen bis exotischen Anblick hinaus auch nur im geringsten als Zeichen regional- und sozialhistorisch interpretierbarer Stoff- und Körpersprache verständlich gemacht zu werden. Lassen Sie uns beim Anschauungsbereich Trachten ein wenig verweilen, diesen Kleidungsformen, die mir früher als Studentin mit ihren Hüten, Häubchen und Leib­chen so ganz besonders langweilig erschienen sind. Das stellte sich als großer Irrtum heraus, als wir unseren modernen kulturellen Zeichenbegriff entwickelten, und das möchte ich Ihnen an Beispielen der hessischen Trachtenwelt ein wenig erläutern. Ge­rade hierbei waren die alten musealen Ansätze ganz auf das Sammeln, Bewahren und Retten in letzter Minute gerichtet und damit auf eine Vereinzelung der Gegenstände als die ästhetisch schönsten oder ältesten Beispiele einer Reihe. Ich darf Ihnen von einem Marburger Museumsexperiment berichten, mit dem ich mit einer Seminargruppe im Marburger Universitätsmuseum versucht habe, die Gegenstände der Rächt als Zei­chen für soziale Strukturen zu entschlüsseln und zu präsentieren: „Arm und Reich am Beispiel der Schwälmer Brauttracht um 1930." x Wir reagierten damit auf Museumserlebnisse vor Trachtenvitrinen, in denen Braut und Bräutigam, Bauer und Bäuerin in üppigstem Festtagsstaat vorgestellt wurden ohne

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