Kunt Ernő szerk.: Kép-hagyomány – Nép-hagyomány (Miskolc, 1990)

I. RÉSZTANULMÁNYOK - Ingeborg Weber-Kellermann: A vidékiek kultúrájáról és múzeumi ábrázolásukról

Hinweis auf die Ausnahmesituation und die soziale Spitzenstellung dieser Exponate. Kein Wort davon, daß es auch andere bescheidnere Hochzeitstrachten und -ausstattun­gen im Dorf gegeben hat. So entstand für den Museumsbesucher das Trugbild einer homogenen, heilen, buntgeputzten Bauernwelt als Kontrast zum entfärbten grauen Stadtleben und dazu das Dorf altbäuerlicher Prägung als harmonische soziale Einheit. Um demgegenüber mit unserer Ausstellung aufklärend wirken zu können, galt es zuerst, die Begriffe ..Arm und Reich*" im Dorfzusammenhang und das heißt relativ zu definieren. „Tracht"" kommt von „Tragen", ist also Zeichen eines bestimmten Kleidungs­verhaltens, eine soziale Tatsache für die Gruppe, die jeweils die gleiche Tracht trägt. Den besten Maßstab für solche Fragestellungen sahen wir in der Schwälmer Brautaus­stattung um 1930, wie sie den älteren Dorffrauen noch in allen Einzelheiten im Gedächtnis war. Sie beinhaltete die idealtypische Lebensausrüstung der heiratenden Frau und zeigte die Ordnung ihrer gegenständlichen Welt. Der Umfang einer solchen Lebensausrüstung des Mädchens folgte den dörflichen Normen einer streng nach Besitz­hierarchie gegliederten Gesellschaft mit ihren Konstanten und Varianten. Das Regula­tiv, das in der sozial gestaffelten Brautausstattung zum Ausdruck kommt, bezeichnet die hierarchischen Beziehungen im Dorf in der Sprache der Gegenstände, die bei der Hochzeit für die betreffenden Personengruppen bedeutsam sind. Empirisch wurden die Wertvorstellungen und Verhaltensregeln erfragt: Wie sah die Ausstattung aus bei einer reichen und bei einer armen Braut? Welche sichtbaren Unterschiede gab es - abgesehen von der Quantität der Gegenstände, die zwischen 1:10 variierte: 4 Bettbezüge bei der armen und 40 bei der reichen Braut usw. Aber neben der Zahl als Zeichen gab es breitere oder schmalere Bänder am Rockbesatz, gab es die Qualität der Stoffe für Röcke, Schürzen, Tücher, Bänder und Knöpfe. - die Verwendung von Gold- und Silber­fäden für die Stickereien. Auch die Kostenfrage der Hochzeitstracht, die nur den dörf­lichen Insiderinnen erkennbar war, spielte eine Rolle: für ein armes Mädchen schickte es sich einfach nicht, bestimmte Stoffe und Bänder zu benutzen und zu zeigen! Die teuren und luxuriösen Ausstattungsgegenstände wie Paradehandtücher, silber- und goldgestickte Tanzecken. Bruststecker und seidene Halstücher fehlten bei den ärmeren Bräuten des Dorfes, was ihnen manchen Kummer bereitete. Das galt insbesondere für die Brautkrone mit Brett, denn nur die reiche Bauerntochter ging „geschappelt" zur Kirche. „Man ging ja stolz", erzählte eine Informantin der dörflichen Oberschicht, „das gehörte sich so! 13-14 Röcke zurstolzen Brauttracht! Es war ja Quatsch, so viele Bänder an den unteren Röcken geschlängt aufzunähen, man sah sie kaum. Aber das machten nun mal die reichen Mädchen." Solche Erinnerungen, wenn auch aus der Distance, (nach dem 2. Weltkrieg wurde auch in der Schwalm nicht mehr in der Tracht geheiratet, sondern in Weiß!) - belegen die einstige Verbindlichkeit der Normen. Die strenge Besitzhierarchie im Bauerndorf älterer Prägung bestimmte ebenso das Denksystem seiner Bewohner, die Besitzendogamie bei der Brautwahl, - aber auch ihr kulturelles Verhalten. Und hier sind die Museen aufgerufen. Arm und Reich wurden zur Markierung der sozialen Dorfstruktur und verlangten eine strenge Befolgung des mit ihnen verbundenen Zeichensystems. Die „Sitte" der Brautausstattung entsprach also dem Verhaltenscode des Dorfes. 4 Welch reizvolle Möglichkeit, die Norm- undWertvor­stellung der alten Agrargesellschaft dem Museumsbesucher zu zeigen und damit Aufklä­rungen und Einsichten zu vermitteln. Gerade die Kleidung liefert ein besonders deutliches Beispie! für die Fruchtbarkeit einer kontextgebundenen Repräsentation. Dazu muß neben die Originalgegenstände Bild und Text treten - und zwar Gemälde, Drucke, Postkarten, Illustrationen und in weitem Maße die Fotografie! Über die Art und Weise, wie Kleidung getragen, wie sie gekauft oder selbst hergestellt, wie sie gepflegt, aufbewahrt und aussortiert wurde, über die Zusammenhänge von Kleidung, Mode und Gesellschaft, über Zeichenhaftigkeit,

Next

/
Oldalképek
Tartalom