Patay Pál: Zempléni harangok (Officina Musei 18. Miskolc, 2009)
Zempléner Glocken/Glocken in (im Komitat) Zemplén
Wir wissen von 33 Glocken, die zum Gedenken an jemanden - Ehemann, Kind, Verwandten, im Krieg gefallenen Helden usw. — oder an einen Termin — Jahrestag, das Millennium von 1896, den Budapester Eucharistischen Kongress von 1938 usw. — gegossen wurden. Es übersteigt die Aufgabe der Studie, die Sprüche und Mottos religiöser Art detailliert anzuführen. Wir befassen uns nur mit ihren wichtigsten Charakteristiken. Die Sprüche von der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert spiegeln die reformierte Ideologie wider. Die Glocken von Georg I. Rákóczi sind reich an lateinischen Bibelzitaten. Demgegenüber kommen auf den katholischen ebenso wie den reformierten des 18. Jahrhunderts nur selten Mottos vor. Im 19. Jahrhundert sind sie noch seltener, dagegen verbreitet sich dieser Brauch nach dem Ersten Weltkrieg weithin in beiden Konfessionen. Bei den Katholiken ist es die Bitte „Ora pro nobis" an Heilige, am häufigsten an Maria, aber es gibt auch Zitate aus der Bibel oder aus Kirchenliedern, bei den Reformierten ebenfalls Bibelzitate, vor allem aber die erste Zeile des gesungenen Psalms 90. Die ungarische Variante des europaweit bekannten „Vivos voco, mortuos plango, fulgura frango" (Die Lebenden rufe ich, die Toten beweine ich, die Blitze breche ich) findet sich in Zemplén erstmals auf einer 1804 gegossenen Glocke (Tarcal, ref.). Auf den Glocken der Meister von Kisgejőc steht sie oft in Gedichtform und nicht nur einmal um zwei Zeilen erweitert. Aber sie findet sich auch auf einigen Glocken, die nach dem Ersten Weltkrieg gegossen wurden. Doch auf keiner von ihnen findet sich das Brechen der Blitze. Aber dass dieser Aberglauben im Volk doch erhalten gebheben war, davon zeugt auf Glocken des 20. Jahrhunderts der Text „zur Vorbeugung von Gewitter geweiht" (Kisrozvágy, gr.-katli. 1927, Nagyrozvágy, rom.-kath. 1937) bzw. „ich halte die Einschläge fern" (Zalkod, gr.-kath. 1948). Auf einigen Glocken gibt es auch Inschriften in Gedichtform. In der Inschrift einzelner Glocken des 20. Jahrhunderts wird der religiöse Zweck mit dem Patriotismus, nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Revisionismus verbunden. Aber auch der Zweite Weltkrieg hinterließ Spuren in den Glockeninschriften und danach sogar selbst die Tagespolitik. Reliefs Die Reliefs und Verzierungen der Glocken begannen wir erst bei den regelmäßigen Ortsbegehungen in den letzten anderthalb Jahrzehnten aufzuzeichnen; die Angaben sind folglich in diesem Bereich lückenhaft. Dennoch besitzen wir Angaben von etwa einem Drittel des Bestandes, von 134 Glocken, was annähernde Folgerungen erlaubt. Im Geiste des Barock haben die Meister des 17. Jahrhunderts die Ösen der Glockenkrone in Menschenkopfgestalt gegossen. Dieser Brauch verkümmerte zwar im Laufe der Zeit, blieb aber bis zur Anwendung der Scheibenkrone erhalten (Abb. 1,17 und 20). Auf den frühesten heute existierenden Zempléner Glocken findet sich — außer auf zwei von Georgius Wierd gegossenen — keine figurale Verzierung. Im 17. Jahrhundert war dieses Gebiet nämlich überwiegend von Reformierten bewohnt. Dennoch finden sich auf den verzierteren Glocken von Wierd die Reliefbüsten der vier Evangelisten. Die katholischen Kirchen schmücken ihre Glocken dagegen bis heute mit den Abbildern von Heiligen. Um diesen Anspruch erfüllen zu können, verfügten die Glockengießer des 18. Jahrhunderts über eine reiche Auswahl von Gussformen derartiger Reliefs. Es ist vorgekommen, dass die den Glockenkauf beabsichtigenden Abgesandten reformierter Gemeinden keine Glocke ohne figurale Verzierung beim Glockengießer 152