H. Tóth Elvira - Horváth Attila: Kunbábony (Kecskemét, 1992)

VI. Die Lehren des Fundes von Kunbábony und seiner Parallelen für die awarenzeitliche Forschung

Pannonien, um dort Untertan des awarischen Kha- gans zu werden, während der füfte sich auf dem Gebiet der Pentapolis Ravenna Byzanz unterwarf".983 Mit Ausnahme der Nachricht über den dritten Kuvrat-Sohn wurde die Geschichte bislang von der Quellenkritik mit mehr oder weniger Vorbehalt als literarische Einlage qualifiziert. Diesen Zweifeln ge­genüber nahm Samu Sádeczky-Kardoss an, daß un­abhängig von den literarischen Elementen die Auftei­lung der Völker des bulgarischen Reichs tatsächlich so vor sich gegangen sein könnte. Dadurch avancier­te Kuber in der einheimischen Forschung zur Schlüs­selfigur des neuen awarischen Zeitraums.984 * Der Aufmerksamkeit J. Werners ist es nicht ent­gangen, daß Kuvrat der Quelle zufolge während der Herrschaftszeit Konstans II. in seiner Heimat in der Pontus-Gegend verstarb, sein vermutliches Grab aber fern im Norden, an der Grenze des Steppengebiets zum Vorschein kam. Diese Tatsache begründete er mit der Bedrohung durch die Araber, westlichen Tür­ken und chasaren, die das Großreich Bulgarien be­reits damals gefährdeten. Walter Pohl ordnete die Identifizierungs-Theorie Werners, zum teil der wirk­lich entfernten Lage des Fundorts wegen, dem Kreis der Hypothesen zu.905 Aber auch auf die Betrachtungsweise der ungari­schen Forschung übte die Theorie J. Werners Einfluß aus. Nicht zufällig wurde das Erscheinen einzelner Fundgruppen und mit ihnen des granulierten Gürtel­zierrats im Karpatenbecken, die man früher teilweise in die erste Hälfte des Jahrhunderts bzw. nach 670 datiert hatte, auf den Anfang des Jahrhunderts ver­legt.986 Unserer Einschätzung nach ist sowohl das Grab von Bocsa als auch das von Kunbäbony unter unseren jüngsten bisher bekannten Pseudoschnallen- Funden einzuordnen. Es ist also kein Zufall, daß ledig­lich aus der Bestattung des Khagans, die später als 983. SZÁDECZKY-KARDOS: 1968, 85. In einschätzung der Quel­lenangaben muß allerdings festgestellt werden, daß sich der Untergang dieser Fundgruppe im Gebiet des Kaukasus zu Beginn der chasarischen Oberhoheit nicht belegen läßt, die neuen Kulturelemente tauchen frühestens zu Beginn des 8. Jh. auf (BÁLINT: 1978, 173-212). Diese seine Ansicht modifizierte der Autor (1989). Ferner taucht in Mittelitalien eine Fundgrup­pe östlichen Urpsrungs auf, die als ranghohes fürstliches Gefolge zu betrachten ist und deren Bezüge zu den Funden in Südrußland offensichtlich sind. Zwar wurde die chronologi­sche Einstufung dieser Funde noch nich vorgenommen, den­noch lassen sich die Übereinstimmungen keinesfalls nur mit dem kurzzeitigen Zusammenleben von Langobarden und Awaren oder den späteren lockereren Kontakten erklären. Fraglich ist auch, ob es sich bei der einst nach Westen geflüchteten und nach jahrzehntelangem Herumwandern in Italien angesiedelten Gruppe rebellierender Bulgaren um die Reste der von Alzeco angeführten Untertanen handelt (POHL: 1988, 268-274), wird deren früherer Weg doch nirgendwo durch ähnlich vornehme und reiche Funde östlichen Ur­jene erfolgte, eine goldene Gürtelgarnitur mit Granu­lationsdekor stammt, während in all unseren frühe­ren Funden - einmal abgesehen von dem Stück ähnlichen Stils des Nationalmuseums, das sich aber ohne Fundort praktisch nicht beurteilen läßt - deren Fehlen ins Auge sticht. Weiters besteht die Möglich­keit, daß das kurzzeitige Auftauchen des granulierten Gürtelschmucks im Karpatenbecken - wie im Falle des ähnlichen Gürtels von Madara - gerade mit dem Zuzug der Bulgaren in Verbindung gebracht werden kann. * * * Nach der eingehenden Untersuchung jedes einzel­nen Gegenstandes aus unserem Fundkomplex bleibt uns nun nichts anderes mehr zu tun, als daß wir versuchen, den sechs und ein halbes Jahrzehnt an­dauernden Lebensweg des in hohem Alter und schwer erkrankt verstorbenen und mit fürstlichem Prunk zu Grabe getragenen Khagans in die bewegte Geschichte des Awarentums im 7. Jahrhundert einzu­fügen. Im immer seltener werdenden Quellenmateri­al finden sich nur vereinzelt Bemerkungen, die auf die Person der awarischen Khagane hindeuten, und na­mentlich wird im Verlaufe des Jahrhunderts keiner erwähnt. Daß es sich um einen Abkömmling der Dynastie des Bajan gehandelt haben könnte, vermu­ten wir - außer aufgrund der goldenen Pseudo­schnallen - allein daraus folgernd, daß die Quellen bzw. die Fredegar-Chronik - von der die Versuche eines Dynastienwechsels der Bulgaren erwähnt wer­den - über den Sieg der Awaren berichten und einen Machtwechsel nicht erwähnen.987 Wir wissen, daß dem Khagan mit einem altherge­brachten Zeremonienbogen, daneben aber mit über­sprungs angezeigt. Es ist also warscheinlich, daß unter diesen Gräbern, in denen unter anderem auch die Parallelen unserer gläsernen Trinkhörner der Mittelawarenzeit anzutreffen sind, (GARAM: 1973, 279-288) in Begleitung der Tracht und Bewaff­nung östlicher Herkunft auch Ensembles zu finden sind, die sich mit unseren einheimischen Funden gleichsetzen lassen. 984. Bona mißt in seiner neueren Arbeit den Gruppen türkischen Charakters aus Zentral- und Innerasien unter den Neuan­kömmlingen in der Mittelawarenzeit wesentlich mehr Bedeu­tung bei als den bulgarischen Elementen. BÓNA: 1988, 454-455. 985. POHL: 1988, 272. BÁLINT: 1984 B. I. Marschaks Meinung zufolge ist im Zusammenhang mit dem Grab lediglich sicher, daß daraus ein Ring mit Kobratos— Monogramm zum Vorschein kam. Dies teilte er mit freundli­cherweise mündlich mit. 986. GARAM: 1988, 169. 987. ZEISS: 1929, 13-141. POHL: 1988, 268. 219

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