H. Tóth Elvira - Horváth Attila: Kunbábony (Kecskemét, 1992)
III. Die Requisiten und Rekonstruktion der Bestattung
bes unbedingt mit einer Abtragung von etwa einem halben Meter rechnen muß.'51. Als bewußt muß ferner die Auswahl dieser humusarmen, sandigen Stelle zum Ziel der Bestattung angesehen werden. Dies erschwerte die Arbeit der Grabräuber ebenso, wie es für uns ein Problem war, im nahegelegenen Gräberfeld von Kunpeszér die sich kaum abzeichnenden Grabgruben zu finden. In einem ähnlichen Sandboden kam an der Grenze der heutigen Gemeinde Kaskantyü das Fürstengrab von Bocsa zum Vorschein. Selbstverständlich bedeutet auch dies keinen vollständigen Schutz, wie das Grab 2 von Kunbäbony zeigt. Hier nahmen wir nämlich die Verfärbung der Grabfüllung solange nicht wahr, bis aus dem Schacht der Grabräuber die ersten Funde zum Vorschein kamen. Der im Laufe des Herbstes verstorbene Khagan, der ein verhältnismäßig hohes Alter von 60-65 Jahren erreichte, hatte unter anderem ein schweres Augen- und Rückgratleiden.'52 Ausgehend von den Funden und Beobachtungen könnte seine Bestattung folgendermaßen vorsich gegangen sein: Zur Beisetzung des Khagans wurde eine auf niedrigen Füßen stehende, fast 1 m breite und wahrscheinlich etwa 2 m lange Liege so umgestaltet, daß sie tragbar war. An den Füßen der Bahre, die ebenso wie ihre Ecken mit durch Silbernägel befestigten vergoldeten Silberblechen besetzt war, oder an den diagonal verlaufenden Stützleisten zwischen Rahmen und Füßen brachte man mittels Bandeisenmanschetten Tragehölzer an, woraufhin man auch diese Manschetten mit vergoldeten Blechen besetzte. Es besteht wohl kein Zweifel, daß auf diese Bahre eine Rücken- bzw. geschmückte Kopfunterlage gelegt wurde. Dann legte man den Toten darauf, bekleidet mit einem Prunkgewand, das mit Blattgold bzw. auch mit aufgenähten Goldblechen geschmückt war. Neben der feinen, unterschiedlich gewebten Leinenunterwäsche'53 sowie der aus Leder oder Filz gefertigten Oberbekleidung kann aufgrund von Grabfunden, die uns ein glücklicher Zufall bescherte, mit Sicherheit auch die Verwendung östlicher Seidenstoffe angenommen werden.'54 Und sicher zierten nicht nur die Gewänder, die Fußbekleidung und die Kopfbedek- kung des Khagans Goldbleche oder Blattgold. An dem seine Würde anzeigenden schweren, mit eingelegten Pseudoschnallen verzierten Goldgürtel hingen sein goldbeschlagenes Schwert und seine Trinkgefäße, seine Tasche und sein Dolch. Neben ihn legte 151 152 153 154 151. BABOS. 1972, 53-61. 152. Siehe Anm 990. und Zusammenfassung des anthropologischen Materials, im Anhang. 153. LÁSZLÓ: 1955, 42-43. 154. H. TÓTH: ArchÉrt. 1960, 238. man seinen goldbeschlagenen Köcher voll mit Pfeilen und seinen Zeremonienbogen, sein Schwert mit vergoldeten Silberbeschlägen, seine mehrriemige Peitsche mit Adlerkopfende, seine Trinkgefäße und Trinkhörner aus Holz und Horn, weiters mehrere kunstvoll angefertigte Dolche und Messer, eines davon zusammen mit dem dazugehörigen Gürtel. Mitgegeben wurden ihm auch die Dinge seines alltäglichen Lebens, wie z. B. sein schon etwas abgenutzter Goldlöffel, in seiner mit einfachen Silberdraht schließenden oder mit goldenem Aufhängerbeschlag versehenen Tasche als Amulett aufbewahrte Bernstein und Pasteperlen, eine lichtquelle (oder sein Duftwassertube?) ja sogar sein Wetzstein. In seinem Haar oder den Ohren trug er ein goldenes Zopf- oder Ohrringpaar, an seine Handgelenken breite Goldarmbänder, an seinen Händen je einen Goldring. Auf seine Hände zog man Handschuhe, auf die man goldene Fingerenden aufgenäht hatte, und auf die behandschuhten Finger schob man die Totenringe, die teils einen durch Hämmern geweiteten Reif hatten oder ausschließlich zum Zwecke der Bestattung gefertigt worden waren. Und schließlich könnte sein Gesicht mit einem mit Gold- oder vielleicht Silberblechen bestickten (Seiden) Tuch bedeckt worden sein, das man eventuell mit der kleinen Goldnadel befestigte. Über den Toten und die den Toten tragende Bahre deckte man einen zeltdachförmigen, kistenartigen, durch Eisenklammern zusammengehaltenen hölzernen Sargdeckel (oder Sarg), auf dem mit Sicherheit ein (geschmücktes) Leichentuch ausgebreitet wurde. Dessen Spuren blieben, auf eines der nur teilweise vergoldeten Eisenbänder mit welchen die Tragstangen befestigt waren, aufoxidiert erhalten. Daß die Bestattung geheim und in aller Stille vorsich gegangen sein muß, dafür ist die Unberührtheit des Grabes bis in unsere Tage ein Beweis. Den Toten begleitete man vermutlich zur Herbstzeit auf seinem letzten Gang und legte ihn auf dem - für die damalige Flora zwischen Donau und Theiß charakteristischen - mit Wacholdersträuchen und Eichenhainen bestandenen, von wasserreichen Wiesen umgebenen, abseits liegenden Sanddünengebiet in das dort ausgehobene Grab. Neben seinen Kopf stellte man die riesige Amphore mit mehr als 55 I Fassungsvermögen auf, in der man ihm als Wegzehrung ein Getränk, wahrscheinlich Wein, und als Speise das Fleisch von zwei Schafen mitgab. Wie wir bereits früher ausführten, ist es unsere Überzeugung, daß ein länger dauernder, mehrtägiger Trauerzug kaum hätte geheim gehalten werden können. Daraus folgend müßte auch die Opferstelle des Totenzeremoniells innerhalb höchstens eines halben Tagesmarsches in der Umgebung des Grabes von Kunbäbony zu finden sein. 96