H. Tóth Elvira - Horváth Attila: Kunbábony (Kecskemét, 1992)
III. Die Requisiten und Rekonstruktion der Bestattung
darunter blieb nur auf einem ein vom Aufnähen stammendes Lochpaar sichtbar. b) Die andere Gruppe der Blattgoldfragmente bilden die außerordentlich zerknitterten, auf weichen Stoff aufgeklebten kleineren oder größeren Fetzen (Taf. XXVII.), auf denen allerdings kein Textilabdruck zu finden ist, und die Spur zweier Löcher zum Aufnähen zeigt sich nur an einem eingerissenen Fragment. Wir finden unter ihnen jedoch auch Fragmente mit geraden Rändern bzw. quadratische und größere tropfen- oder mandelförmige. Die meisten Parallelen beider Varianten der Blattgoldverzierungen stammen aus den Gräbern von Kiskőrös-Vágóhíd, ein Gräberfeld, das wirklich als das ranghöchste dieser Epoche anzusehen ist. Obwohl es ebenfalls ausgeraubt war, können wir hier in 30% der Gräber auf goldbesetzte Trachten schließen. Soweit dies überhaupt zu beobachten war, müssen das Unterteil des Gewandes, das steifere Überkleid und die aus Leinen gefertigte Unterwäsche gleichermaßen verziert gewesen sein,145 146 und der Schmuck war — wie dies Gyula László festgestellt hat - wohl durch Aufkleben an den Textilien befestigt worden. Bezüglich einer möglichen Funktion der Blattgoldverzierungen können wir seine Ansicht nur bekräftigen, wonach diese Fragmente den Saum des Kaftans, seine Ärmel, den Hemdkra- gen, den Leinengürtel, die Haube und eventuell sogar das Leichentuch geziert haben könnten.145 Untermauert wir dies durch die bei meinen eigenen Ausgrabungen beobachteten Funde u. a. von den Goldfolienfragmenten bzw. Bandstücken, die ich im Gräberfeld von Kunszállás-Fülöpjakab im Grab eines Mannes höheren Ranges fand, der mit Goldohrringen, Zopfspange, zwei Gürteln und seinem Säbel bestattet war. In diesem Grab stießen wir auf vielleicht vom Bogenbehälter stammende, keine Spuren des Annähens aufweisende, tropfen- oder herzförmige kleinere bzw. etwas größere, an ihren Ecken gelappte, in der Mitte keilförmig zugespitzte, einen Gürtelbeschlagtypus imitierende Goldblättchen und zahlreiche schmale Blattgoldbändchen.147 Obwohl diese Funde aus einer gewissenhaft geführten, authentischen Grabung stammen, war ihre Dokumentation infolge des Grundwassers unmöglich, das auch in dieses Grab - wie im Falle der am tiefsten gelegenen Gräber von Kiskőrös-Vágóhíd — eingedrungen war, und — wie dies auch Ferenc Móra beobachtete — die federleichten Goldblättchen, die auf dem Wasser schwammen, von ihrem ursprünglichen Platz weggespült hatte.148 Ein weiteres Beispiel für die Me145. LÁSZLÓ: 1955, 42-43. 146. LÁSZLÓ: ebenda 147. Nicht publiziert. KJM Rég. Adattára 68. 188, 70. 341. 148. MÓRA: 1932, 54, 68. TROCMAYER: Schmetterlinge (Pillangók, Manuskript). tallblechverzierungen liefert das Grab 34 eines — mit gegossener Greifen-Gürtelgarnitur und Ohrring bestatteten - Mannes vom Gräberfeld Szabadszállás Bathyány utca. In der Oberschicht der unter dem Kopf des Toten ausgehobenen Vertiefung konnten wir ein Lederkissen mit auf Bronzeverzierungen hinweisenden Spuren beobachten.149 Es ist daher also nicht unbegründet anzunehmen, daß neben den Handschuhen des Toten, der mit Gold oder vielleicht Silber besetzten Gesichtsmaske, dem Kleidersaum und der Fußbekleidung auch die Kopfunterlage des Fürsten oder das den Sargdeckel bedeckende gewebte Tuch gleichermaßen mit Blattgold geschmückt waren. All das deckt sich mit den zeitgenössischen Darstellungen und den in den Schriftquellen überlieferten Angaben über die prunkvolle Kleidung und Umgebung der nomadischen Fürsten.150 Unsere Grabfunde belegen eindrucksvoll, daß dieser Prunk ihnen nicht nur zu Lebzeiten, sondern auch auf ihrem Weg ins Jenseits zustand. DIE REKONSTRUKTION DER BESTATTUNG Im Zuge der Authentifizierung konnten wir feststellen, daß die Achse der Grabgrube annähern in NW- Richtung zeigte, ihre Abweichung von der Nordrichtung betrug 40°. Ihre Breite war 138 cm, ihre meßbare Länge 225 cm, und wenn wir in Betracht ziehen, daß sich die Amphore mit einem Durchmesser von etwa 60 cm im abgesackten Teil der Graberde befand, kann ihre volle Länge auf 280-300 cm angesetzt werden. Einige aus dem Grab stammende Gegenstände, die in den Schacht gerutscht waren, der von den Findern auf der Grabsohle bzw. zum Teil darunter ausgehoben worden war, fanden wir in einer Tiefe von 150-160 cm in sekundärer Lage. So kann die Tiefe des Grabes, als es zum Vorschein kam, höchstens 140-150 cm von der Oberfläche aus betragen haben. Allerdings müssen wir dabei in Betracht ziehen, daß es auf dem aus Sanddühnen bestehenden Gebiet vor der zur Jahrhundertwende einsetzenden Anpflanzung von Wein und Akazienwald keine große landwirtschaftliche Bewirtschaftung gegeben haben kann, da es nicht zur Bildung einer nennenswerten Humusschicht kam. So war das Grab bis in die jüngste Zeit hinein von dem der Erosion ausgesetzten Flugsand bedeckt. Unseren Erfahrungen nach erreicht die Tiefe unserer ranghöheren Gräber die 2-Meter—Grenze, ja übersteigt sie sogar in bedeutendem Maße, weshalb man auch im Falle unseres Gra149. Nicht publiziert. KJM Adattára 87.593. 150. LÁSZLÓ: 1955, 290-291. 95