Bárth János (szerk.): Tükörképek a Sugovicán - A kecskeméti Katona József Múzeum Közleményei 8. (Kecskemét, 1997)

Schellack, Fritz: Hajós – Ein ungarndeutsches Dorf im Umbruch. Zum Alltagsleben nach der politischen Wende von 1989

oder Deutschland, wo verglichen mit den ungarischen Löhnen viel Geld verdient werden kann. Die Motivationen, die hinter der Aufnahme einer Nebentätigkeit stehen, sind sehr vielfältig und nach verschiedenen Personengruppen zu unterscheiden. Neben der bereits dargestellten Notwendigkeit zum Nebenverdienst im Alter gibt es weitere Gründe für Senioren, sich im Sommer bei sengender Hitze im Tagwerk zu plagen. Dabei geht es weniger um die Erwirtschaftung eines persönlichen höheren Lebensstandards, sondern darum, die Kinder bzw. Enkel zu unterstützen. Es ist noch fast überall selbstverständlich, sich innerhalb der Familie zu helfen. Das im Taglohn verdiente Geld wird den Enkeln zugesteckt oder angespart, um den Kindern zur Hochzeit als Starthilfe größere Summen zu schenken. Diese, so meinten Interviewpartnerinnen, brauchten das Geld auch nötiger, da sie noch ein Eigenheim bauen und viel anschaffen müßten, während die Alten doch bereits alles hätten.10 Überhaupt gehe es den meisten Rentnern zur Zeit besser als jungen Familien, da erstere eine sichere Rente bezögen und noch hinzu verdienen könnten. Das Fazit einer Informantin lautete deshalb auch, daß diejenigen jungen Familien, die keine Unterstützung von ihren Eltern erhielten, schlecht lebten.17 Aber auch die Jungen erschließen sich zusätzliche Einnahmequellen. Manche Schüler gehen beispielsweise während der Schulferien ins Tagwerk, um ihr Taschengeld aufzubessern. Zum Teil ist der Nebenerwerb auch der erste Schritt in die Selbständigkeit, sei es, daß man sich auf diese Weise zunächst das notwendige Eigenkapital erarbeitet oder im Nebenerwerb testet, ob die erschlossene Marktlücke genug Gewinn abwirft, um in Zukunft als Haupterwerb zu dienen.18 Nach unseren Ergebnissen scheint so in den meisten Fällen Ziel des Nebenerwerbs zu sein, den einmal erreichten Lebensstandard trotz sinkender Reallöhne zumindest zu halten. So erklären sich auch die häufig widersprüchlich erscheinenden Aussagen der Informanten, die einerseits feststellten, daß sie seit der Wende finanziell schlechter gestellt seien, anderseits aber doch der Meinung waren, es gehe ihnen doch noch recht gut, man komme einigermaßen zurecht. Die Einschätzung der uns vorliegenden Zeitungsmeldungen bestätigt sich somit auch in Hajós: "Diese Einkommen aus verschiedenen Formen des Nebenerwerbs und der Schattenwirtschaft dürften die Härten der Rezession für die Bevölkerung im Gesamtdurchschnitt gemildert haben."19 Es soll hier jedoch nicht der Eindruck erweckt werden, daß Selbstversorgung und Nebenerwerb in Hajós durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Ungarns im Zuge des Umbruchs entstanden seien. Der Nebenerwerb hat als sogenannte "Schattenwirtschaft" eine lange Tradition, die bereits 1965 unter der Regierung Kádárs begann. Anfang der achtziger Jahre basierte die Hälfte des Einkommens vieler Ungarn auf privaten Aktivitäten, die neben der offiziellen Arbeitsstelle ausgeübt wurden.20 Heute macht die sogenannte "Schattenwirtschaft" bereits 30 % des Bruttoinlandsproduktes aus, deshalb spricht man auch von einer "zweiten Wirtschaft" in Ungarn.21 Anders als früher können eventuelle Gewinne aus dem Nebenerwerb aber nicht mehr gespart oder für größere Anschaffungen genutzt werden, sondern "die Ersparnisse werden jetzt dafür verwendet, das Lebensniveau zu halten.”22 "Man kann das Lebensniveau ein bißchen halten, und dann sinkt das Lebensniveau.[...] Erhöhen kann man sein Lebensniveau ganz bestimmt nicht."“’ Trotzdem sieht man die Versorgung mit dem Lebensnotwendigen in Hajós, im Gegensatz zu den Städten, aus genannten Gründen als gesichert an. Diese Skizzierung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse soll als kleiner Einblick in die bestehenden Verhältnisse genügen. Die Thematik überlagerte alle 12

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