Linzbauer, Franciscus Xav.: Codex Sanitario-Medicinalis Hungariae 1 (Budae, 1852-1856)
Mantissa
720 3. Sollen die Blutsauger bei deren Ausgrabung viel diker und fetter aussehen als sie beerdiget worden. — Wohl nicht fetter, sondern aufge- schwämmt, welches der Anfang der Innern gährenden Fdulniss verursacht. 4. Dass sie in der Erde eine neue Haut bekämen, welches sich mit den zweien vorhergehenden Punkten avflöst. 5. Dass die mit dieser Jauche gesalbten Kranken genesen, — ist durchaus falsch. 6. Dass kein ganz schwarzer Hengst über das Grab eines Moroi zu bringen sei. — Der Wall und Gestank eines jeden Grabes mag jeden muthigen Hengst erschräken, aber sie waren doch darüber zu bringen. Eh diese Endemie ausbricht, fühlen die Leute allerlei Beschwerden, Lieblichkeiten, Er schlag enheit an allen Gliedern, und schleppen sich von einem Winkel zum andern herum, ja sogar jene, welche gesund scheinen, sind so kraftlos, dass sie zu Ende ihrer Fastenzeit zu keiner Arbeit taugen, und die, welche nicht krank werden, den Nachtnebel bekommen, den sie aber verlieren sobald sie 2, 3 Wochen wieder Fleisch gemessen. Die Krankheit fängt mit Schauer und einem ohne Wirkung vorhandenen Reize zum Brechen an; bald darauf äussern sich Schmerzen im Magen und Därmen (ihrem vermeinten Herze) in den Nieren, Oberlheile des Rühens, um die Schulterblätter, ein Stechen auf der Brust, meist auf der linken Seite, ein starkes Kopfweh, besonders im Hintertheile des Kopfes; trübe, eitervolle Augen, schwaches Gehör, Furcht, Irrereden begleiten dieselben-, die Zunge ist Anfangs weissgelb, matt, den 2. Tag braunroth, sehr troken; der Puls schnell, doch schwach, der sich aber bald verändert, lokspringend, endlich klein wird, worauf der Tod entweder dieselbe Nacht, oder kommenden Tag folget. Nach dein Tode werden alle um die Weichen, auf beiden Seiten des Halses, eine Spanne um und unter den Schlüsselbeinen blau, in den übrigen Theilen des Körpers aber nicht so gelb , ivie andere Todte, bleiben eine Zeitlang ganz beweglich und erkalten erst in 7—8 Stunden. In den Sommerfasten unterliegt das Volk dieser Krankheit nicht so sehr, weil es sich dabey in freier Luft bewegt und arbeitet; im Winter hingegen, wo es müssig ist, ausserordentlich viel schläft, und in sehr eingeheizten Winkeln hokt, greift das Hebel mehr um sich, und daher herrscht es meist zu Ende der Weihnachtsfaste. Eine Miltagsluft im Winter vermehrt das Uebel heftig. Im Sommer empfinden sie eine ausnehmende Schwermüthigkeit und Last, besonders wird ihnen die Brust beklemmt, dass sie schwer athmen. Die Ursachen dieser ganz eigenen Endemie findet man in der ebenfalls ganz eigenen Fasten, Vielehe so ungeheuer sie ist, doch ebenso unverbrüchlich beobachtet wird. Solche Fasten haben sie jährlich 5, zu 3, 4, 5 auch 6 Wochen , und nebst diesen noch wöchentlich zu 2, 3 Tagen. Die Art der Faste ist folgende: Ihre Speisen sind vegetabilisch, als rohe Zwiebeln, Knoblauch, Reltig, rohes Sauerkraut, gesalzene Kürbis, blos süsses Kraut und Kohl Das Brod ist ein mit siedheissen Wasser fest angemachter Teig von Kukuruz, dazu sie fast täglich ungeschmalzene Bohnen speisen. Eine vergohrene sauere Kleien- Brüh, Essig von Bier, Holzäpfel mit Wasser zu einer Suppe gekocht, eine scharfe rohe Sauerkrautbrüh, in welche beide der obige Teig emgebroket wird. Wer di Mittel hat, schaft sich Brandwein, wovon der geringste Zug ein Seidel ist. Diese Kost ist den Kindern, Erwachsenen, Schwängern, Kin- desbetterinen und Greisen gemein, auch bei ärmern noch weit schlechter. Sie