Győry, Tiberius von dr.: Semmelweis' gesammelte Werke (Jena, 1905)

Semmelweis' Abhandlungen und Werk über das Kindbettfieber

V auf Vermuthungen basirten Hypothese der cadaverösen Infection flüchten zu müssen. Wir haben schon einmal erwähnt, dass Carl Braun mit den un­günstigen Verhältnissen der I. Klinik in einer Zeit Bekanntschaft machte, in welcher diese ungünstigen Verhältnisse nicht nur keinen Unterschied in der Grösse der Sterblichkeit an beiden Abtheilungen bedingen konnten, sondern in welcher Zeit die Sterblichkeit trotz der ungünstigsten Verhältnisse der I. Klinik manchmal an der II. Klinik grösser war. So starben im Jahre 1851 an der II. Klinik bei 799 weniger verpflegten Wöchnerinnen 46, im Jahre 1852 starben an der II. Klinik bei 1111 weniger verpflegter Wöchnerinnen 11 Wöchnerinnen mehr als an der I. Klinik. Es ist mithin mit mathematischer Gewissheit bewiesen, dass diese ungünstigen Umstände der I. Klinik die grössere Sterblichkeit nicht hervorgebracht haben zur Zeit, als an der I. Klinik in Wirklichkeit eine grössere Sterblichkeit herrschte. Wir fühlen uns daher der Verpflichtung enthoben, Punkt für Punkt nachzuweisen, wie Carl Braun zum Theil diese Uebelstände entstellt, um selbe an der I. Klinik noch ungünstiger, an der II. Klinik günstiger erscheinen zu lassen, als selbe in Wirklichkeit sind; nur mit zwei Punkten machen wir eine Ausnahme. Die I. Klinik hatte zu meiner Zeit 8 Säle, jetzt hat selbe 9 Säle, die II. Klinik hatte 1 oder 2 Säle weniger als die I., wegen einen weniger Aufnahmstag per Woche. An der I. Klinik werden jährlich 4000 Wöchnerinnen verpflegt, an der II. nach Braun 6 bis 11 hundert jährlich weniger. Der Leser sieht, was Carl Braun für einen Begriff vom Zellen­systeme hat, wenn er die II. Klinik, welche, sagen wir, in 9 Sälen 2900 Wöchnerinnen jährlich verpflegt, nach dem Zellens3’steme gebaut sein lässt. Wir haben früher gesehen, dass die Tabelle, auf welche sich Carl Braun beruft um seine Behauptung, „dass im Wintersemester, der Zeit der Epidemien, die I. Klinik monatlich oft um 100 bis 200 Geburtsfälle mehr aufnehmen muss, als die II., während im Sommer, der Zeit des besseren Gesundheitszustandes, aber beide Kliniken die­selben, die Klinik für Aerzte ja zuweilen sogar noch geringere Ziffern der Geburtsfälle in den monatlichen Rapporten ausweist, als die Hebammenschule“ numerisch zu bekräftigen, diese seine Behauptung auch vollständig bestätigt hat. Ebenso finden wir bestätigt, was Carl Braun von der an der I. Klinik herrschenden Ueberfüllung und den daraus überall ent­springenden Folgen, während an der II. Klinik jährlich 6 bis 11 hundert Wöchnerinnen weniger verpflegt werden, sagt, wenn wir die Jahres­rapporte beider Kliniken einsehen. Während der ersten 8 Jahre war die durchschnittliche Sterblich­keit fast gleich, das Plus der jährlich verpflegten Wöchnerinnen betrug an der I. Klinik 1246. Im Jahre 1834 war bei 913 weniger verpflegten Wöchnerinnen die relative Sterblichkeit an der II. Klinik grösser um 0.89 °/0. Im Jahre 1836 war bei 1007 weniger verpflegten Wöchnerinnen die relative Sterblichkeit an der II. Klinik um 3.37% grössei. Im Jahre 1838 war bei 1208 weniger verpflegten Wöchnerinnen Die Aetiologie, der Begriff und die Prophylaxis des Kindbettfiebers.

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