Győry, Tiberius von dr.: Semmelweis' gesammelte Werke (Jena, 1905)

Semmelweis' Abhandlungen und Werk über das Kindbettfieber

82 Semmelweis’ Abhandlungen und Werk über das Kindbettfieber. Tagen bräunlich missfärbig, höchst übelriechend. Diese Wöchnerin erkrankte an heftiger Endometritis septica, und erlag den 1. Feber dieser Krankheit. — Von dem Tage an, wo diese Gebärende auf dem Geburtszimmer war, erkrankten 9 andere Gebärende, die zugleich mit ihr auf dem Gebärzimmer lagen; mit Ausnahme einer einzigen starben sie alle. Von den 1 etzten Tagen Jänners schleppten sich die häufigen Erkrankungen bis in den Mon at Maihin, worauf wieder bisOctober der günstigste Gesundheitszustand herrschte.“ Prof. Chiari erklärt diese Erkrankungs- und Sterbefälle mit der Uebertragung der Producte einer Metritis septica auf gesunde Ge­bärende und Wöchnerinnen und fährt fort: „Ich hatte (leider!) die Gelegenheit, mir einen mich noch mehr in meiner Meinung bestärkenden Beweis in einer zweiten traurigen Erfahrung zu verschaffen. Im October 1853, einige Tage vor meiner Rückkehr von einer mehr­wöchentlichen Reise nach Prag, wurde die Perforation wegen engen Beckens bei einer durch mehrere Tage kreissenden Frau nothwendig. Diese Wöchnerin starb an Endometritis septica mit Verjauchung der Gelenksknorpel des Beckens. Von dieser Zeit an traten wieder zahl­reiche bösartige Erkrankungsfälle auf, welche nur Mitte November wieder aufhörten.“ „Uebrigens hat auf diese Entstehungsweise (nämlich des Puer­peralfiebers durch Uebertragung schadhafter Stoffe) schon Semmelweis die Aufmerksamkeit gelenkt und im Herbst wurde auch an der hie­sigen Hebammenabtheilung Aehnliches beobachtet, wie mir dies mein Freund Dr. Spaeth vertraulich mittheilte.“ Dr. Spaeth, Assistenzarzt an der Hebammenschule, gesteht zur Zeit der herrschenden und durch Professor Braun erwähnten Epidemie ein, dass diese durch Uebertragung gefährlicher Stoffe zu Stande kam; das ist ja keine Widerlegung, sondern im Gegentheil eine Be­stätigung meiner Meinung. Prof. Braun führt alle diejenigen ungünstigen Umstände an, welche in Wien in den Verhältnissen der ärztlichen Geburtsklinik wurzeln und meint, dass hierin die Ursache der im Verhältnisse zur Hebammenabtheilung grösseren Sterblichkeit liege, nicht aber in der Leicheninfection. Er bedenkt dabei nicht, dass diese Umstände an der Hebammenabtheilung noch viel ungünstiger sind (wie wir dies in unserer Abhandlung, wo von den endemischen Einflüssen die Rede war, erwiesen haben); bedenkt ferner nicht, dass dieselben auch da­mals vorhanden waren, als die Chlorwaschungen ein so günstiges Resultat lieferten. — Endlich kommt er zum Schlüsse, dass meine Meinung über die Entstehung des Kindbettfiebers eine durch Nichts beweisbare Hypothese sei. Nichtsdestoweniger widerspricht er sich selbst, als er die Prophylaxe des Kindbettfiebers behandelnd, _ sagt: „Da das Puerperalfieber oder Pyämie durch Einimpfung von Leichen­gift erzeugt werden und durch Uebertragung von septischen Exsu­daten, sowie durch das Zusammenwohnen mit Andern an einer der verschiedenen zymotischen Krankheiten, wie: Typhus, Cholera, Schar­lach, Masern u. s. w. Leidenden verbreitet werden könne, so ist es die strenge Pflicht der Aerzte, auf die Absonderung der gesunden Wöchnerinnen von zymotisch-erkrankten Individuen, sowohl in Privat­wohnungen, als in Gebärhäusern genau zu sehen, und niemals eine

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