Győry, Tiberius von dr.: Semmelweis' gesammelte Werke (Jena, 1905)

Semmelweis' Abhandlungen und Werk über das Kindbettfieber

452 Semmelweis’ Abhandlungen und "Werk über das Kindbettfieber. Wenn alle Professoren der Geburtshilfe, welche Epidemiker sind, mein Werk mit so wenig Nutzen lesen, wie Sie. Herr Hofrath, dann ist freilich keine Hoffnung, dass das Menschengeschlecht von der Geissei des Kindbettfiebers früher befreit werde, als bis sämmtliche Epidemiker ausgestorben. Aber das kostet noch unzähligen Wöchne­rinnen das Leben; und wenn ich die Macht dazu hätte, und wenn ich keine andere Wahl hätte, als entweder noch unzählige Wöchnerinnen am Kindbettfieber, welche gerettet hätten werden können, sterben zu lassen, oder durch Cassirung sämmtlicher Personen der Geburtshilfe, welche Epidemiker sind, und entweder meine Lehre nicht lernen wollen, oder meine Lehre nicht mehr lernen können, diese Wöchnerinnen zu retten, so würde ich die Cassirung der Professoren wählen, weil ich der Ueberzeugung bin, dass, wo es sich um die Verhütung der Er­mordung Tausender und Tausender von Wöchnerinnen und Säuglingen handelt, ein paar Dutzend Professoren nicht in Betracht kommen. In der Privatpraxis wird freilich das Kindbettfieber nicht so schnell aufhören, weil. Dank der Irrlehren der Professoren der Geburts­hilfe, welche Epidemiker sind, die Aerzte und die Hebammen Infectoren sind, zu welchen meine Lehre nicht so schnell und zu Vielen gar nicht dringen wird. Die Cassirung sämmtlicher Professoren der Geburtshilfe, welche Epidemiker sind, hätte nebst dem, dass die Wöchnerinnen im Gebär­hause gesund bleiben würden, noch den Nutzen, dass nicht fort und fort Generationen von Infectoren männlichen und weiblichen Geschlechtes in die Praxis gesendet würden, welche dort so viel Familienglück zerstören. Herr Hofrath sagen: „den genannten französischen Verhandlungen stellen sich die holländischen Untersuchungen einer Commission von Geburtshelfern zur Seite, welche Dr. Lehmann in einer eigenen Schrift zusammengestellt hat.“ Unter dem Titel: „Considérations sur la fiévre puerpérale“ hat Dr. Dieudonné in Brüssel die Schrift aus dem Holländischen übersetzt, und diese letztere Arbeit liege Ihnen vor, nach welcher Sie Ihren Lesern den folgenden Bericht erstatten. Herr Hofrath sagen, dass Lehmann den Aufsatz von Carl Braun: „Zur Lehre und Behandlung der Puerperal-Prozesse und ihre Bezie­hungen zu einigen zymotischen Krankheiten“, welcher in der Klinik der Geburtshilfe und Gynäkologie von Chiari, Carl Braun und Spaeth. Erlangen 1855, enthalten ist, sehr fleissig benützt habe. Herr Hofrath haben das verdammende Urtheil, welches ich über diesen Aufsatz in meiner Schrift über Kindbettfieber von Seite 484*) bis Seite 536**) ausgesprochen habe, gelesen, und wenn Sie dennoch von der Arbeit Lehmann’s, bei welcher der von mir verdammte Aufsatz fleissig benützt wurde, sagen, dass selbe den jetzigen Standpunkt, auf welchem die Lehre von den Puerperal-Prozessen in der neuesten Zeit gebracht wurde, bezeichnet, so beweisen Herr Hofrath durch diesen Ihren Ausspruch nur, dass Sie selbst nicht auf dem Standpunkte stehen, auf welchen die neueste Zeit die Lehre von Puerperal-Prozessen ge­bracht hat. Der Standpunkt, auf welchem die neueste Zeit die Lehre von den Puerperal-Prozessen gebracht hat, ist der Standpunkt, auf welchen *) [Seite 390.] **) [Seite 421.J

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