Schürer, Fritz von Waldheim dr.: Ignaz Philipp Semmelweis (Wien-Leipzig, 1905)

1846-1850. Assistent in Wien. Entdeckung der Ursachen des Kindbettfeiebers. Erfolge und Verfolgungen. Dozent. Abreisen von Wien

8 Assistent — Dozent. 1846 bis 1850. Am 27. Februar 1846 wurde Semmelweis mittels Dekretes der Fakultät als provisorischer Assistent der ersten geburtshilflichen Klinik angestellt. Als solcher hatte er zwar das Recht, aber nicht die Pflicht, alle Kreißenden zu untersuchen, und da er nun schon etwa 2 Jahre beständig an der Klinik gearbeitet hatte, so interessierten ihn natürlich nicht mehr die Geburten mit normalem Verlaufe, weshalb er sich darauf beschränkte, die seltenen, ungewöhnlichen Geburtsfälle zu unter­suchen. Im pathologisch-anatomischen Institut sezierte er fleißig fort, und nur zu oft hatte er Gelegenheit, Sektionen von Puerperal­leichen der II. Gebärklinik beizuwohnen, welche der Assistent dieser Hebammenklinik, Dr. Zipfel, vornahm. Damals wohnte er in der Alservorstadt, zusammen mit einem Pester Kollegen, Ludwig v. Markusovsky, der gleichfalls Medizin studierte. Die Freundschaft, die sich zwischen beiden entwickelte, wurde mit den Jahren immer inniger und sollte beiden reichen Segen bringen. Indes, erwarb hier Semmelweis einen treuen, edlen, begabten Freund, so entriß ihm dasselbe Jahr (1846) in Ofen den geliebten Vater. Nun stand er allein da in der Welt. Am 1. Juli 1846 war die zweijährige Dienstzeit des bisherigen Assistenten Dr. Breit zu Ende und Semmelweis wurde sein Nach­folger als „ordentlicher” Assistent der I. Geburtsklinik. Jetzt war es seine Pflicht, täglich vor der Morgenvisite jede Patientin der Klinik zu untersuchen, um dem Professor über den Zustand jeder einzelnen Bericht erstatten zu können. Zum Zwecke des Unterrichtes der Schüler mußte er bei der Nachmittagsvisite sämtliche Kreißende untersuchen und außerdem Tag und Nacht bereit sein, alle nötigen Operationen auszuführen. Trotz dieser kolossalen Anforderungen an seine Arbeits­kraft — heute gibt es an derselben Klinik vier Assistenten und über ein halbes Dutzend Operateure — gab Semmelweis seine gynäkologischen Untersuchungen im pathologisch-anatomischen Institute nicht auf. Er mußte sie nun sehr zeitlich in der Früh vornehmen, um dann noch mit den klinischen Untersuchungen vor der Morgenvisite fertig zu werden.

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