Papers and Documents relating to the Foreign Relations of Hungary, Volume 1, 1919–1920 (Budapest, 1939)
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1920 No. 153. i26o/pol. The Minister of Hungary at Vienna, Dr. Gratz, to the Chancellor of Austria, Dr. Renner. WIEN, am 28. Februar 1920. Mit aufrichtigem Dank habe ich Ihrer geschätzten Note vom 26. d. M., Z. Ii. 318/13, 1 entnommen, dass Sie, sehr geehrter Herr Staatssekretär, die Ausfälle einzelner Zeitungen gegen meine Person bedauern, was mir zu besonderer Genugtuung gereicht, und dass sie darüber hinausgehend sich sogar bereit erklärt haben, auf ausserbehördlichem Wege auf die Einstellung der Zeitungsangriffe hinzuwirken. Es ist mir selbstverständlich vollkommen fern gelegen, an irgendwelche Zensurmassnahmen zur Verhinderung solcher Angriffe zu denken, — solche Massnahmen wären weder gesetzlich möglich, noch würde ich sie zu meinem Schutze angewendet sehen wollen. Ich habe mir denn auch erlaubt, auf jene Form des Schutzes, die mir vorschwebte, nämlich auf den Schutz durch das Schwurgericht, den gewiss auch die weitest ausgelegte Pressfreiheit nicht aufhebt, ausdrücklich hinzuweisen. Wenn ich dazu nicht die in Ihrer geschätzten Note angeregte Form einer Privantanklage wählte, so war für diesen meinen Entschluss die allgemeine und meines Wissens bisher auch in Österreich angewendete völkerrechtliche Lehrmeinung massgebend, wonach sich ein in seiner Ehre beleidigter Gesandter an die Regierung des Staates seines Amtssitzes zu wenden hat, welche dann die Einleitung des Verfahrens veranlasst (Bonfils 691). Zu dieser Auffassung glaubte ich umso eher berechtigt zu sein, als das ungarische Strafgesetz ( § 272) dem Gesandten der österreichischen Republik in Budapest ausdrücklich das Vorrecht einräumt, dass gegen seine Person gerichtete Ehrenbeleidigungen auf seinen auf diplomatischem Wege geäusserten Wunsch von Amtswegen zu verfolgen seien, ich als annehmen konnte, dass dem Vertreter Ungarns schon aus Gründen der Reziprozität kein minderer Schutz eingeräumt ist, umso mehr, als auch die §§487—491 des öst. St. G. eine Handhabe dazu bieten, solche Ehrenbeleidigungen von Amtswegen zu verfolgen. Da ich es nun nach Möglichkeit vermeiden möchte, durch direkte Einbringung einer Privat1 Supra, Doc. No. 149.