Inventare Teil 8. Inventar des Kriegsarchivs in Wien (1953)
I. Band - 5. Das Kriegsarchiv als wissenschaftliche Anstalt
52 Schon mitten im Weltkriege 1914/18 begannen die Vorarbeiten für die nach dem Kriege zu bewerkstelligende Verfassung des Genera! stab s- werkes über den Weltkrieg. Von den im Archiv neuerrichteten Abt. dienten jene für die neuen Feldakten, für die Schlachtfeldführer, für die Kriegsgliederungen und die Statistik in erster Linie zur Sammlung und Aufbereitung des nötigen Quellenmaterials. Mehrere Offiziere waren mit der Verfassung von Studien über einzelne hervorstechende Kriegsabschnitte betraut, damit hier schon grundlegende Aufzeichnungen vorlägen. Zugleich hatte das Archiv die Vorarbeiten für das Werk „D ie Technik im Weltkriege“ zu lenken und zu fördern. Dieserart war mit Ende des Krieges eine umfangreiche und gründliche Vorarbeit — bis in das Jahr 1916 hineinreichend — beendet und dieser war es zu verdanken, daß die Bearbeitung des Werkes „Österreich-Ungarns letzter Krieg 1914—1918“ nach Kriegsende bald vor sich gehen und sich auf bereits vorliegende Arbeiten stützen konnte. Das bedeutete auch großen Zeitgewinn, der sich rückschauend sehr bezahlt gemacht hat, denn ohne die vorausgehende weitblickende Planung vor 1918 wäre das Werk über den Weltkrieg unvollendet geblieben. 1925 wurde im KA. mit Offizieren des ÖBH. die kriegsgeschichtliche Abteilung wieder aktiviert und 1928 erteilte Bundeskanzler Dr. I. Seipel den Auftrag zur Abfassung des Generalstabswerkes. Mit 15 Bänden war es gerade 1938 abgeschlossen, als die Besetzung Österreichs erfolgte. Dieses Werk wurde ebenfalls in das Italienische übersetzt und bis 1938 war es Österreich unter den Kriegführenden des ersten Weltkrieges allein gelungen, ein abgeschlossenes Generalsstabswerk zu veröffentlichen. In den Jahren 1918—1938 hat das KA. noch an M. Schwartes „Der große Krieg 1914—1918“ (1922), an „The Encyclopedia britannica“ (1920) und an der Wirtschaftsgeschichte der C a r n e g i e - Stiftung (1920) mitgearbeitet 36). In der Okkupationszeit trat in den wissenschaftlichen Arbeiten ein kriegsbedingter Stillstand ein. Fruchtbar blieben hingegen das Marine- und das Luftfahrt-Archiv. In diesen beiden Archiven gelang es, sowohl einige Lücken in der Reihe der Publikationen über die Marinegeschichte zu schließen, als auch die „Geschichte der österr.-ung. Luftstreitkräfte im Weltkriege 1914 bis 1918“ wenigstens bis 1916 zu bearbeiten, wozu freiwillige Mitarbeiter herangezogen wurden. Nach der Befreiung Österreichs war es ein schweres Beginnen, die wissenschaftliche Tätigkeit wieder zu beleben, was nicht nur wegen des Ausfalles der österr. Wehrmacht, sondern auch wegen der starken Personalverminderung erklärlich ist. Zum ersten Male in seiner langen Geschichte stand das KA. nur mehr vor reinen Archiv-Aufgaben, diese waren allerdings angesichts der Rücklagerungen, Rückstellungen und Neuordnungen umfangreich wie noch nie zuvor. Daneben ging die Arbeit mit ihren personalrechtlichen Erhebungen unverändert weiter. Durch 16 Monate waren 1946/47 umfangreiche Arbeiten nur für das Ausland durchzuführen. Das Jahr 1945 brachte in der Dienstbarmachung des Archivs für die Forschung einen bemerkenswerten Wandel. In den militärischen Fachgebieten gab es im Inland vermöge der „Entmilitarisierung“ recht wenig zu tun, für das Ausland mußten freilich auch militärische Anfragen wie vorher beantwortet werden. Die neue Archivleitung war bestrebt, im Inland den Schwer- 38 38) Siehe II. Bd. S. 37.