Inventare Teil 7. Inventar des Wiener Hofkammerarchivs (1951)

Die Bestände des Wiener Hofkammerarchivs - 1. Hoffinanz und Niederösterreichische Kammer (zirka 1500-1762)

4 1. Hoffinanz und Niedorösterreichische Kammer derselben immer dienstlich ist und sein mag, bedacht, fürgenommen und in Wirkung gebracht werden solle«“. Bis zum Tode Ferdinands I. (1564) hatte die Hofkammer die gesamten in seiner Hand vereinigten habsburgischen Länder unter sich: die österreichischen Länder, die Länder der böhmischen Krone und Ungarn; dazu kam seit seiner Kaiserproklamation (1558) noch die Verwaltung der Einkünfte aus dem Reich. Nach der Teilung von 1564 verblieben ihr nur noch Österreich ob und unter der Enns, Böhmen, Ungarn und das Reich. Für die oberösterreichischen (Tirol und Vorlande) und die innerösterreichischen Länder wurden in Innsbruck und Graz von Wien unabhängige Zentralstellen eingerichtet. Erst mit dem Rückfall der damals abgetrennten Provinzen im 17. Jahrhundert gewann die Hofkammer die alte umfassende territoriale Ausdehnung ihrer Zuständig­keiten zurück. Allerdings nicht sofort und auch nicht im alten Umfange. Obgleich nämlich die innerösterreichischen Länder bereits mit dem Regierungs­antritt Ferdinands II. an die Hauptlinie zurück kamen und die tirolische Nebenlinie 1665 ausstarb, blieben die Innsbrucker und die Grazer Hofkammer noch bis 1705 als dem Landesfürsten unmittelbar unterstellte Behörden bestehen. Und selbst nach der Vereinigung der beiden Kammern mit der Wiener Hofkammer wurde der ober- und der innerösterreichischen Länder­gruppe durch Einrichtung eigener Referate eine gewisse Sonderstellung ge­wahrt. ö Auch die Tätigkeit der 1522 dauernd begründeten „Niederösterreichischen Kammer“ 2) wird wie die der alten Hofkammer vorweg durch die Verwaltung des landesfürstlichen Kammergutes bestimmt — die von den Ständen be­willigten und eingehobenen Steuern, als „Contributionale“ von den unmittel­baren landesfürstlichen Einnahmen, dem „Camerale“, streng geschieden, sind dem Bereich der landesfürstlichen Finanzbehörden entzogen; nur ist die Zuständigkeit der „Niederösterreichischen Kammer“ anders als die der über die Gesamtheit der Erbländer gesetzten Hofkammer auf die „niederöster­reichischen“ Länder (bis 1564: Österreich ob und unter der Enns, Steiermark, Kärnten und Krain, nach 1564: nur mehr Österreich ob und unter der Enns) beschränkt und geht von ihr der Instanzenzug zu der ihr übergeordneten Hofkammer. Ist landesfürstliche Finanzverwaltung aber wie im Mittelalter noch bis ins erste theresianische Jahrzehnt hinein nahezu ausschließlich Verwaltung des landesfürstlichen Kammergutes, so ist damit auch schon ausgesprochen, daß die Geschäfte der landesfürstlichen Finanzstellen über rein finanzielle Belange weit hinausgingen: die landesfürstlichen Burgen und Städte waren ja nicht bloß Einnahmsquellen, sondern auch militärische Stützpunkte und zudem übte der Landesfürst auf seinen Kammergütern in Justiz und Verwaltung die Rechte des adeligen und geistlichen Grundherrn. Daher finden sich in den Akten der Hofkammer wie der Niederösterreichischen Kammer nicht nur finanzielle, sondern in großem Umfang auch militärische (vor allem bis zur Gründung des Hofkriegsrates 1556) und rechtliche Belange sowie politische und wirtschaftliche Verwaltungssachen (namentlich Handel, Gewerbe, Industrie, *) *) Dazu Ö. Z. V., 1/1, S. 86 ff., 124, und J. Fischer, Die Neueinrichtung des inner- österreichischen Kammerreferats in Wien im Jahre 1665—66. (MIÖG., XI. Erg. Bd., 1929, S. 640 ff.) 2) Dazu O. Brunner, Das Archiv der niederösterreichischen Kammer und des Vizedoms in Österreich unter der Enns und seine Bedeutung für die Landesgeschichte. (In: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich und Wien, N. F. XXIX/1944—1948, S. 144—166.)

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