Otto Stolz: Inventare Teil 6. Geschichte und Bestände des staatlichen Archivs (jetzt Landesregierungs-Archives) zu Innsbruck (1938)

Erster Teil: Die Geschichte des Innsbrucker staatlichen Archivs im allgemeinen

Die Entwicklung des Archivs als eigene Anstalt, deren Grundstock usw. 15 viel größere Bedeutung erlangt als jene zu Innsbruck, die in dieser Zeit zu Provinzialbehörden herabgesunken sind. Immerhin tritt gerade seit der Errichtung des Guberniums für Tirol um das Jahr 1760 das Gubemial- archiv in Innsbruck unter eigenen, auch geschichtswissenschaftlich tätigen Beamten stark in Erscheinung. In Wien ist als wirklich selbständige und zentrale Anstalt das Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien auch erst im Jahre 1749 gegründet worden, es erhielt zuerst die Urkunden des kaiser­lichen Hauses, dann die Akten der Behörden des alten deutschen Reiches, die bei dessen Auflösung im Jahre 1806 in Wien ihren Sitz gehabt haben, und erst seit 1850 die Akten der österreichischen Hof- und Staatskanzlei über deren auswärtige Politik. Die erste ausdrückliche Erklärung, daß jenes Archiv auch wissenschaftlichen Zwecken zu dienen habe, ist im Jahre 1840 erfolgt. Die anderen zentralen Archive in Wien gehen zwar in ihren Anfängen als Registraturen auch in das 16. Jh. zurück, aber zu selbständigen Anstalten sind sie erst seit dem Anfang des 19. Jh. gemacht worden, nämlich das Archiv der österreichischen Hofkanzlei und des Ministeriums des Innern im Jahre 1820, heute das Staatsarchiv des Innern und der Justiz, ferner das Kriegsarchiv, das Archiv des Hofkriegsrates und des Reichskriegsministeriums seit 1801 und ähnlich auch das Hofkammer­archiv für die Finanzen der Gesamtmonarchie, sämtliche in Wien. Die Erklärung des Statthaltereiarchivs in Innsbruck zur selbständigen, der Verwaltung und der Geschichtswissenschaft zugleich dienenden Anstalt im Jahre 1866 fällt zeitlich zusammen mit der gleichartigen Organisierung des niederösterreichischen Landesarchivs in Wien im Jahre 1863 und des steirischen Landesarchivs in Graz im Jahre 1868, doch waren dies keine staatlichen, sondern eben landesautonome oder landschaftliche Anstalten. Als solche wurden das oberösterreichische Landesarchiv in Linz im Jahre 1896, das Vorarlberger Landesarchiv in Bregenz im Jahre 1898, das Tiroler Landesarchiv in Innsbruck im Jahre 1902, das Kärntner Landesarchiv in Klagenfurt im Jahre 1904 neu organisiert, als staatliche Anstalten das Statthaltereiarchiv in Wien im Jahre 1893, das Regierungsarchiv in Salz­burg im Jahre 1896 und das Statthaltereiarchiv in Graz im Jahre 1906.1 Wenn das Statthaltereiarchiv in Innsbruck um so viel früher zur eigenen Anstalt sich herangebildet hat, so ist dies dadurch begründet, daß eben hier durch die Tätigkeit der selbständigen Regierung der oberösterreichischen Lande ein großer Bestand an geschichtlich wichtigen Urkunden, Akten und Kanzleibüchern sich angesammelt hat. Infolge der Reform des österreichischen Archivwesens in den Jahren 1894—1896 und dank der eifrigen Wirksamkeit seines neuen Direktors Michael Mayr (seit 1897) und der verständnisvollen Förderung seitens des * S. 1 Diese Angaben über die Organisation der österr. Archive sind entnommen dem Archival. Almanach Bd. 3—5 (1900—1914) und der dort angeführten Literatur über die Geschichte derselben. Neu erschien seither das Buch „Die Geschichte des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs“ (von Bittner) in dessen Gesamtinventar Bd. 1 und die Artikel von Kraft und Lechner über das Landesregierungs- und das Landesarchiv für Niederösterreich in dem Sammelwerke „Niederösterreich 1920—1930“ S. 454 ff.

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