Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Italien - Spanischer Rat, von Josef Karl Mayr

68 Italien-Spanischer Rat. treffenden Bestände der Wiener Zentralstellen vom Spanischen Rat an) blieb ganz außer Betracht. Mitte Dezember konnte Tambroni, „dieser sonst (so) behutsame Italiener“, „ganz durchdrungen von der in Wien genossenen Aufnahme“ als Frucht seiner Bemühungen neunzehn Kisten mit sich fort­nehmen.1 Tambronis Aufgabe betraf aber nicht nur die nach Wien gebrachten Mailänder Archivalien, sondern auch jene, die 1800 im kurzen Wege nach Yenedig geschafft worden waren.2 Nach Giulianis Meinung durften diese Bestände nur teilweise ausgeliefert werden: die Akten der Mailänder Re­gierung von 1796—1799, ein „demokratischer Quark“ und ein „Ueber- bleibsel der damaligen Anarchie und Parteiwut“, waren vorerst genau zu zensurieren, die unter Cocastellis Kommissariat 1799/1800 erwachsenen Kanzleischriften aber ganz zu verstecken. Im Sinne dieser Auffassung ist der kaiserliche Hausarchivar Gassier, der eben im Begriffe war, das vene­zianische Archiv nach Wien zu schaffen,3 mit der Sichtung jener Akten betraut worden. Was Gassier zurückbehielt, ist teils mit dem veneziani­schen Archiv nach Wien gebracht (so die Akten kompromittierender Natur, Allianz- und Kommerztraktate, auch ein Aktenbund aus dem Archive des Pariser cisalpinischen Gesandten von 1796—1798),4 teils, so die Polizei­prozesse und die Jagdverleihungen von 1799/1800, in Venedig vertilgt worden. Dennoch belief sich der Ertrag dieser auf Venedig gerichteten Tätigkeit Tambronis auf fünfzehn Aktenkisten.5 Es waren die alten Ver- schläge, in denen die Akten aus Mailand abtransportiert worden waren; nur die Nummern, die sie damals erhalten hatten, hat Gassier zur Ver­schleierung des Mankos abhobeln lassen. Wie es scheint, sind damals als Gegenleistung der Italienischen Repu­blik auch altösterreichische Mailänder Bestände, vor allem aus der Zeit der Administration durch Erzherzog Ferdinand — angeblich zwanzig bis drei­ßig Kisten —, nach Wien gebracht worden. In der Tat lagen noch in den Fünfzigerjahren einige wenige Aktenstücke dieser Art im StA. (Filiale B) verwahrt, während sich, wie Chmel 1844 vermutete, große Mengen von Briefen und Akten, die das österreichische Gouvernement unmittelbar be­trafen, noch in Mailand befanden. Ob und inwieweit die 1804 in Wien zurückbehaltenen Mailänder Archivalien gelegentlich der durch die Fran­zosen im Jahre 1809 bewerkstelligten Verschleppung zahlreicher Archi­valien des StA. und der Staatskanzlei an ihren alten Ort zurückgelangt sind, kann an Hand der Wiener Materialien nicht geklärt werden. Sicher ist, daß Zanettis Archiv noch nach 1809 Teile dieser Bestände verwahrte, so Mailänder Polizeiakten, desgleichen militärische und wohl auch noch andere, nicht näher bezeichnete Bestände dieser Art. Noch 1868 sind zwölf aus der Flüchtling von 1796 herrührende Bände an Italien ausgeliefert 1 Vgl. auch J. K. Mayr, 1. c. 2 Verzeichnisse bei Reg. des StA. Z. 52/1804. 3 Siehe Bd. I S. 552 f. 1 Reg. des StA. Z. 43, 47 aus 1804, 12/1805; vgl. unten Napoleonisches Archiv, S. 75ff. 5 Auslieferungsverzeichnisse in Reg. des StA. Z. 52/1804, Tambronis Quittung in Reg. des StA. Z. 9/1805; Reg. des StA. Z. 6/1805 über die bis auf weiteres in Venedig zurückbehaltenen Bücher und Akten.

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