Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Belgien, von Oskar Schmid
V. Selekt Beydaels. 349 dique, stellten also einerseits die Registratur dieses Amtes dar und dienten anderseits als Hilfsmittel für die fernere genealogische Tätigkeit. Beydaels Tätigkeit erfuhr durch den Ausbruch der französischen Revolution und die überstürzte Flüchtung der belgischen Behörden eine jähe Unterbrechung. Sowohl Akten als auch die verhältnismäßig umfangreiche Bibliothek und sonstige Einrichtungsgegenstände der heraldischen Kammer wurden mit dem wichtigsten Teil der Gouvemementsarchive 1794 außer Landes, erst einmal nach Düsseldorf gebracht. Sie gelangten, zunächst unter Beydaels Führung, über Holland vorerst in die Zitadelle von Würzburg und in weiterer Folge nach Regensburg, wobei allerdings erhebliches Material abhanden gekommen zu sein scheint, da nach früheren Aufzeichnungen Beydaels viel mehr hätte vorhanden sein müssen. Von Regensburg aus wurden die Bestände der heraldischen Kammer auf Staatskosten erst nach Krems transportiert; 1802 erreichten sie Wien, um daselbst in der ehemaligen Niederländischen Hofkanzlei Aufnahme zu finden. Über eine Flüchtung der Beydaels unterstellten Wappenkönige ist nichts zu vernehmen. Beydaels kam damals noch nicht nach Wien, verblieb vielmehr in Deutschland außerhalb der österreichischen Grenze.1 Es scheint, daß sich mit ihm, vermutlich wegen der Deckung der Transportkosten, Zwistigkeiten erhoben. Er beschwerte sich auch vielfach, daß die Verpflichtung der ihm lebenslänglich vorbehaltenen Benützung des heraldischen Archivs nicht erfüllt worden sei. Später kam dann ein Ausgleich zustande. Beydaels erhielt die von ihm ausgelegten Transportkosten bis Regensburg zurückerstattet, ferner die Stelle eines Wappenkönigs des Ordens vom Goldenen Vlies und die Erlaubnis zur Benützung des heraldischen Archivs. Die materielle Seite des Ausgleiches wurde in einer für ihn sehr günstigen Weise gelöst; er erhielt, nachdem er einige merkwürdige Rüstungen, sonstige Altertümer und Bücher an das Laxenburger Ritterschloß abgegeben hatte,1 2 eine Pauschalentschädigung von 4000 fl., eine lebenslängliche Pension von 2000 fl., ferner 600 fl. Pension für seine etwa hinterbleibende Witwe zugesagt. Damit war aber auch dem regsamen Wappenkönig Gelegenheit geboten, seine Tätigkeit, die nicht uneinträglich gewesen zu sein scheint, in Wien auf eigene Rechnung fortzusetzen. Er amtierte zunächst nach dem Vorbild der übrigen niederländischen liquidierenden Behörden — die Verhältnisse und Zeiten waren nicht geeignet, eine klare Lage zu schaffen — unter stiller Duldung weiter und betätigte sich nicht nur, mit amtlicher Befugnis, als Wappenkönig vom Goldenen Vlies, sondern auch, ohne eine solche, als Wappenherold sowohl für niederländische als auch österreichische genealogische Fragen, wobei er unterschiedslos sowohl in Toison- angelegenheiten als auch zur Bekräftigung seiner privaten genealogischen Tätigkeit das Amtssiegel des Wappenkönigs vom Goldenen Vlies in Ge1 Schreiben des Aktuars Provost an Beydaels (s. d.) und dessen Antwort aus Leipzig vom 23. Juni 1801 (Selekt Beydaels, Karton 3). 2 „Verzeichnis der von dem Chevalier Beydaels de Zittaert Sr. M. dem Kaiser zu Füßen gelegten und in der allerhöchsten Privatbibliothek aufbewahrten Manuscripten“ (für die Bibliothek des Kitterschlosses in Laxenburg) s. d. (ebenda, Karton 4).