Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Klosterarchive von Walther Latzke

470 Die Klosterarehive. Schönkirchen und 1639 an die Grafen von Hardegg über.1 Die Lehenhoheit — seit 1602 von den Lehenträgern häufig verletzt — wurde von dem Mün­chener Kollegium auch nach dem Verkauf des Weidlinghofes ausgeübt und erst 1748 ebenfalls dem Kremser Kollegium überlassen. Im Zusammenhänge damit erhielten die Kremser Jesuiten nicht nur eine Zusammenstellung von Auszügen aus sämtlichen die genannte Lehenherrlichkeit betreffenden Ur­kunden des Münchener Kollegiums (bzw. des Klosters Ebersberg), sondern auch alle darauf bezüglichen Akten von 1638—1705, teils in Original, teils in Abschrift, ausgefolgt. Es sind dies die Stücke Aaaa—Ccccc der Archiv­abteilung „LL. Abbtstorf. Ö.“ des Münchener Kollegiums (nach der Ord­nung von 1673, die dann von jüngerer Hand fortgesetzt erscheint).1 2 Einen eigenartigen Zuwachs verdankte das Kremser Jesuitenarchiv einer Episode in der Geschichte des Kremser Kollegs. Am 1. Juli 1668 starb zu St. Pölten Margaretha Renata Freiin von Greiß zu Wald, am 15. Aug. 1669 ebendort ihre Schwester Esther Maria, beide unvermählt, die letzten ihres Geschlechtes.3 Sie hatten in ihrem Testament vom 8. Juni 1654 das Jesuitenkollegium Krems zum Erben ihrer Herrschaft Wald eingesetzt;4 die Hofkammer erklärte indes diese Testierung als rechtswidrig und zog Wald als heimgefallenes Lehen ein. 1670 erkaufte es der Hofkammerpräsi­dent Georg Ludwig Graf Sinzendorf. Gingen so die Kremser Jesuiten der Erbschaft verlustig, so blieb ihnen doch aus dem Vermächtnis offenbar unter anderen allodialen Mobilien auch ein kleiner Teil des Gr e iß’s che n Familienarchivs, der aber deshalb besonders interessant ist, weil er eine ganze Reihe von Urkunden des 14. und 15. Jahrhunderts aus dem Archiv der Herren von Neidegg auf Ranna enthält. Das Geschlecht der Neidegger (Neydecker), seit dem Ende des 13. Jahr­hunderts in Österreich nachweisbar5 — ein Hans von Neydeck ist 1287 Burggraf von Steyr —, blühte vornehmlich vom 14. bis zum 15. Jahrhundert im nördlichen und westlichen Niederösterreich und nannte ausgedehnte, weit zerstreute Besitzungen sein Eigen. Ulrich der Neidegger heiratete um 1370 Agnes, die Schwester Rumhards von Ranna; sein Sohn Hans erbte nach dem Tode seines mütterlichen Oheims die Feste Ranna bei Spitz (Wa­chau), nach der sich die Familie hinfort nannte. Die im Kremser Jesuiten­archiv erhaltenen Urkunden (Kaufbriefe, Lehenbriefe, Testamente) betreffen hauptsächlich den genannten Ulrich den Neidegger, seinen Sohn Haus I. 1 Keiblinger, II/2, S. 66, 73. 2 Am 10. März 1748 schrieb der Münchener Prokurator P. Pruggberg dem Kremser Rektor: „ehe und bevor ich die sammentliche documenta (welche ein zimmliches paquet ausmachen und villeicht auf einmahl nit können überschickt werden) übermache, folget hiermit indessen zu einem praegusto eine specification und respective extractus actorum, worüber ich zu vernehmen haben wird (!), welche von anderen anständich seyn möchten.“ — Am 2. Sept. 1748 schrieb er dann: „Anstatt der von mir den 17. passato verlangten information hab ich angestern durch den ordinari Wienner botten alle noch hier befündliche correspondenz, so anders das Abtstorfferische lehen betreffen, Übermacht.“ StA., ebendort: Ebersberg (L 51, D 21). 3 Wißgrill, Schauplatz des landsässigen niederösterr. Adels III, S. 399. 4 StA., Landmarschall. Testamente, G 62, 63. 6 Vgl. Wißgrill, Schauplatz usw., Heraldisch-genealogische Zeitschrift „Adler“ II, S. 209 ff., III, S. 17—20.

Next

/
Oldalképek
Tartalom