Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Urkundenabteilung von Paul Kletler

18 Die Urkundenabteilimg. Reiner und geschlossener erhielten sich hingegen die Archive der­jenigen Dynastengeschlechter, die vor Putsch erloschen und in keinen oder nur zeitweiligen und begrenzten Abhängigkeitsbeziehungen zu den österreichischen Landesherren standen. Beispiele sind die Grafen von Görz (f 1500) und die Grafen von Cilli (f 1456; S. 15); ferner die mit dem Cillischen Archiv nach Wien gekommenen Archivkörper der schon 1420 ausgestorbenen, von den Grafen von Cilli beerbten Grafen von Ortenburg und der gar schon 1322 erloschenen und ebenfalls von den Cilliern beerbten Grafen von Heunburg sowie der Grafen von Sternberg, die ihre Besitzungen um 1330 und vorher an die Grafen von Ortenburg verkauft hatten; hier zeigt sich deutlich, wie die durch das frühzeitige Erlöschen dieser Ge­schlechter bewirkte baldige Abgeschlossenheit der Archivbestände deren Reinheit geschützt hat. Als weitere hierher gehörige Beispiele mögen etwa noch die Urkundenbestände der bereits 1408 erloschenen Herren von Ka­pellen und der 1447 ausgestorbenen Grafen von Forchtenstein angeführt werden. Freilich finden sich auch in den verhältnismäßig rein erhaltenen Ar­chiven und Archivteilen in der Regel einige Archivalien habsburgischer Provenienz, so meist am Schlüsse angehängt: die Vermächtnis-, Kauf-, Pfand- und Verzichturkunden, durch welche der Übergang der Besitzungen und Gerechtsame an das Haus Habsburg bewirkt worden war. Dies ist z. B. bei dem angeführten Forchtensteiner Bestand der Fall. Daneben enthält der „Putsch“ allerdings auch Abteilungen, deren Ar­chivalien lediglich nach ihrem gemeinsamen Betreff zusammengefaßt sind. Hiebei ist Betreff entweder im eigentlichen Wortsinn als Beziehung der Urkunden auf bestimmte Personen oder Sachen (Länder, Besitzungen), auf einen bestimmten Rechtsinhalt zu verstehen oder es handelt sich — und das ist die Regel — um Urkunden der gleichen Aussteller. Schon die be­sprochenen Archivteile der Grafen von Montfort und Schaumberg sowie der Herren von Zelking gehören eigentlich fast ganz in diese Gruppe. Völlig hieher gehören noch einige nach Adelsfamilien benannte Ab­teilungen, z. B. Dietrichstein, Ungnad, Laitter (d. i. della Scala), Carrara u. a., ferner die geistlichen Abteilungen des 2. Bandes: Papsturkunden, dann Urkunden der Patriarchen von Konstantinopel und der Patriarchen von Agley (Aquileja) aus den verschiedensten Empfän­gerarchiven (dabei die Untergruppe Friaul, deren Bezeichnung ja schon erraten läßt, daß sie Urkunden weder gleicher Empfängerprovenienz noch der gleichen Aussteller, sondern des gleichen territorialen Betreffs enthält); dann folgen in gleichfalls nach den Ausstellern bezeichnten Abteilungen Urkunden der Erzstifter, Bistümer, Klöster und Orden; nur gelegentlich entspricht die Bezeichnung mehr oder weniger, wie wir sehen werden, der Provenienz. Nach Betreffen, und zwar zum Teil nach den Ausstellern, zum Teil aber auch nach dem Betreff im eigentlichen Wortsinne, gebildet sind endlich auch die Abteilungen des 3. Bandes, als deren Titel die Namen der meisten europäischen Staaten erscheinen. Bloß nach dem „Betreff“ zusam­mengestellt ist z. B. die Abteilung Türken, gemischt, d. h. nach eigent­lichem Betreff und Aussteller gebildet, etwa die Abteilung Polen; in an-

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