Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Handschriftenabteilung von Fritz Antonius
I. Geschichte der Sammlung. Die „Handschriftenabteilung“1 des StA. verdankt ebenso wie die Abteilung Urkunden und die verschiedenen Aktenabteilungen ihren heutigen Bestand dem im StA. beinahe seit Anbeginn maßgebenden Ordnungsgrundsatz der Scheidung der Archivalien nach der äußeren Gestalt (Bd. I S. 141*) in Urkunden, Bücher (Handschriften) und Akten, eine Scheidung, die sich aber nicht auf eine gesonderte Aufstellung der Archivalien aus technischen Rücksichten (Raumersparnis, bessere Erhaltung) beschränkte, sondern auch zu einer völlig verschiedenen Behandlung der ausgeschiedenen Archivalien in Anordnung und Inventarisierung ausartete. Daraus erklärt es sich, daß fast sämtliche in den anderen Abteilungen dieses Gesamtinventars behandelten Archivabteilungen auch in den folgenden Ausführungen auftauchen.1 2 Wie schon in Bd. I S. 157* ausgeführt wurde und nochmals zur Vermeidung von Mißverständnissen eindringlich betont werden muß, war es nicht möglich, bei der Vorbereitung des Gesamtinventars alle Fehler und Mißgriffe früherer Generationen gutzumachen. Dazu bedarf es der Arbeit vieler Jahrzehnte. Wir mußten uns entschließen, die Zusammensetzung der einzelnen Abteilungen der Hauptsache nach in dem von unseren Vorfahren übernommenen Zustand zu beschreiben. Dies gilt vor allem für die Handschriftenabteilung, bei der sich Gedankenlosigkeit gepaart mit Mangel an Arbeitswillen und Sachkenntnis ganz besonders ausgewirkt haben. Es hat sich deshalb auch als notwendig erwiesen, diese Sammlung noch eingehender als andere, uns doch noch in übersichtlicherer Ordnung überkommene Bestände zu beschreiben (Bd. I S. 158*). Die Handschriftenabteilung stellt demnach keinen organisch erwachsenen Archivkörper dar, sondern, wie schon der Name sagt, eine Sammlung, eine Sammlung der handschriftlichen Bücher des Archivs, zusammengestellt nach rein praktischen Erwägungen, ohne Rücksicht auf die Provenienz und den Inhalt der einzelnen Bände. Auch die Aufstellung ist derzeit nicht nach archivalischen, sondern nach rein bibliothekarischen Gesichtspunkten durchgeführt —- nach dem Format —, wodurch alle provenienzmäßigen oder inhaltlichen Bindungen vollends aufgelöst erscheinen. Der Wert und die Berechtigung einer solchen Sammlung innerhalb eines großen Archivs war seit jeher und ist natürlich heute, wo sich der Herkunftsgrundsatz als leitender Gedanke im Archivwesen längst allgemein durchgesetzt hat (vgl. Bd. I S. 9*—11*, 148*—152*), ein sehr umstrittener. In der Tat hat sich auch die Direktion des StA. wiederholt mit dem Ge1 Diese Bezeichnung, nach der diese Sammlung in der Literatur immer zitiert wird, wird daher auch hier statt der entsprechenderen Bezeichnung „Büchersammlung“ beibehalten. 2 In wichtigeren Fällen wird auf die betreffenden Stellen des I., II. und III. Bandes dieses Gesamtinventars verwiesen. Ein vollständiges Verzeichnis aller Stellen, an denen ein bestimmter Archivkörper erwähnt wird, wird der IV. Band (Orts-, Sach- und Personenregister) bringen.