Inventare Teil 5. Band 5. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1937)
Das lothringische Hausarchiv nach Vorarbeiten von Otto Brunner von Jakob Seidl
Das Lothringische Hausarchiv. 69 Bald darauf wurden endlich die Ordnungsarbeiten am Lothringischen Hausarchiv in Angriff genommen. In richtiger Erkenntnis der gegebenen Lage hat Knechtl mit den Ordnungsarbeiten dort eingesetzt, wo Thiery aufgehört hatte. Wie bereits dargelegt, hatte Thiery die Armoire D der 1. Abteilung noch geordnet und die einzelnen Pakete mit Aufschriften versehen. Zu diesen Paketen hat nun Knechtl ein Inventar verfaßt, welches ein allerdings von Irrtümern nicht freies Stückverzeichnis enthält und zusammen mit den oben erwähnten, von Thiery verfaßten Inventaren zu den Armoires A, B und C den AB. 308/1 und 2 bildet. Außer den von Thiery, bzw. Knechtl geordneten und verzeichneten Archivalien war noch eine große Zahl vollständig ungeordneter vorhanden. Welche von diesen über Florenz und welche direkt nach Wien gekommen sind, ist nicht feststellbar. Im wesentlichen sind es Korrespondenzen aus der Zeit der Herzoge Karl IV., Karl V., Leopold und Franz Stephan und der bereits oben erwähnte Nachlaß des Prinzen Karl Josef von Lothringen. Es befinden sich aber auch solche darunter, die nach 1736 entstanden sind und nicht in das Lothringische Hausarchiv gehören, da sie nicht Angelegenheiten des Hauses Lothringen, sondern solche des Reiches, Österreichs oder Toskanas betreffen, wie die gleichfalls schon erwähnten Nachlässe der Grafen Richecourt. Alle diese Archivalien hat nun Knechtl nach einem nicht ersichtlichen Gesichtspunkt in zwei Gruppen geteilt, die heute die Abteilungen 2 und 3 des Lothringischen Hausarchivs bilden. Die Archivalien der 2. Abteilung hat er in Pakete von oft wenig einheitlichem Inhalt zusammengefaßt, die Pakete mit kurzen Aufschriften versehen und fortlaufend numeriert, während er bei der 3. Abteilung nur die einzelnen Archivalien mit Nummern versehen hat. Die Nummern und Aufschriften der 2. Abteilung wurden von Rosner in ein Repertorium eingetragen, während Knechtl über die 3. Abteilung ein Repertorium verfaßt hat. Diese beiden Repertorien bilden heute den AB. 308/4. Zu diesen beiden Abteilungen hat Rosner einen alphabetischen Zettelkatalog verfaßt (AB. 481), welcher jedoch nur die wichtigeren Personen und Gegenstände berücksichtigt und daher nicht vollkommen ausreichend ist. Rosner hat ferner zu der Abteilung 1 des Lothringischen Hausarchivs ein Aufstellungsverzeichnis angelegt (AB. 309), welches natürlich heute unbrauchbar ist. Im Jahre 1828 hat das StA. mit Zustimmung der Staatskanzlei über Ersuchen des Präfekten der Hofbibliothek, des Grafen Moritz Dietrichstein, für die an der Hofbibliothek anzulegende „Sammlung merkwürdiger Autographen“ 822 historisch minder wertvolle Stücke — meist Courtoisie- schreiben — abgetreten, von denen viele aus dem Lothringischen Hausarchiv genommen worden sind.1 Einen weiteren, allerdings im wesentlichen nur vorübergehenden Verlust erlitt das Lothringische Hausarchiv durch die Errichtung des Adelsarchivs in der böhmisch-österreichischen Hofkanzlei. Neben zahlreichen anderen Adelsakten wurden im Jahre 1843 auch die Adelsakten des Lothringischen Hausarchivs an diese Stelle abgegeben.2 1 Vgl. H. Zimmermann, A. Handlirsch und 0. Smital, Die beiden Hofmuseen und die Hofbibliothek, Wien 1920, S. 73. * Vgl. die Ausführungen über die Handschriften im III. Band.