Inventare Teil 5. Band 5. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1937)
Kabinettsarchiv von Fritz von Reinöhl
Vorträge — Kurrentbillete. 155 Kurrentbillete. Der Begriff der Handschreiben — im Sprachgebrauch der Kabinettskanzlei von jeher als Handbillets bezeichnet — hat sich im Laufe der Zeit allmählich gewandelt. Anfänglich verstand man darunter alle in brieflicher Form ergehenden Entscheidungen und Mitteilungen des Monarchen mit Ausnahme der rein privaten Schreiben. Scheinbar schon unter Kaiser Leopold II. engte sich dieser Begriff auf alle über Antrag der Minister, Zentralstellen und Kabinettsreferenten, der Hofbehörden, Hofämter und Ordenskanzleien oder über unmittelbaren kaiserlichen Befehl ergehenden Schreiben an diese und an Einzelpersonen ein. Von 1809 an wurde aus diesen Handschreiben eine Gruppe ausgeschieden und besonders behandelt; es waren dies jene Handschreiben, welche Angelegenheiten des kaiserlichen Hauses und des Hofes, Sachen der Ordenskanzleien und reservierte Gegenstände betrafen. Diese wurden fortan als „S e p a r a t b i 11 e t e“, jene als „Currentb illete“ bezeichnet. Kaiser Josef II. hatte in seinem Kabinett die Gepflogenheit eingeführt, den vollen Wortlaut der Handschreiben in eigene Protokolle, in die sogenannten „B i 11 e t e n- Pro tok olle“ einzutragen. Vorübergehend, vom 1. Jan. 1781 bis 31. Dez. 1786, wurden diese Protokolle geschieden in ein „Protocollum separatum aller Hand Billets“ und ein „Protocollum separatum aller Staats Räthlichen Hand Billets“, welches alle jene Handschreiben enthält, welche in Angelegenheiten des Staatsrates und in Angelegenheiten, welche dieser behandelte, ergingen. Diese Gepflogenheit, den Wortlaut der Handschreiben in eigenen Amtsbüchern festzuhalten, wurde von der Kabinettskanzlei bis zu ihrem Ende beibehalten. 1807 trat auch in der Protokollierung eine Scheidung in „Billeten-Protokolle“ und „Geheime Billeten-Protokolle“ ein, welche Bezeichnungen 1809 durch „Current-“, bzw. „Separat- Billeten-Protokolle“ ersetzt wurden. Die Indizierung der Kurrentbillete — über die Behandlung der Separatbillete wird an anderer Stelle gesprochen werden1 — erfolgte von 1792, d. h. von jenem Jahr an, aus welchem die ersten Indizes der Kabinettskanzlei erhalten sind, in den verschiedenen ressortmäßig geführten Indizes.1 2 Von 1810 an wurden sie im Kurrentindex indiziert, ihre Zahlen sind durch Unterstreichungen kenntlich gemacht worden. Unter Josef II. wurden ab und zu, unter Franz II. regelmäßig auf Reisen des Kaisers die Handschreiben von dem ihn begleitenden Kabinettspersonal besonders numeriert und in eigene Reisebilleten-Protokolle, welche heute zumeist den Billetenpro- tokollen der betreffenden Jahre beigebunden sind, eingetragen. Die Nummern dieser Billete sind in den Indizes durch doppelte Unterstreichung gekennzeichnet. Die erwähnte Art der Indizierung wurde bis zum Ende des Jahres 1858 beibehalten. Vom 1. Jan. 1859 an wurden die Kurrentbillete in den in gewissem Sinne an die Stelle der Kurrentindizes getretenen K. Z.-Indizes3 indiziert. Die Geschäftszahlen der Kurrentbillete 1 Siehe die Ausführungen über die Separatakten und Separatbillete S. 156ff. 2 Siehe hierüber die Ausführungen über die Protokolle und Indizes der Kabinettskanzlei in diesem Band. 3 Vgl. S. 153 und die Ausführungen über die Protokolle und Indizes der Kabinettskanzlei in diesem Band.