Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Staatskanzlei (Ministerium des Äussern) von Josef Karl Mayr

Allgemeiner Überblick. 405 StA.1 geführt hat, wovon man jedoch schon nach zwanzig Jahren nichts mehr wußte. Weitere Aktenübertragungen sind unerachtet aller Anregun­gen von seiten der Archivdirektion, die sich auf die Übernahme der Akten bis 1740, später bis 1815 bezogen, ja trotz der teilweisen Genehmigung dieser Vorschläge bis 1848 nicht mehr erfolgt. Dagegen scheint es um die Mitte der Vierzigerjahre im „Registratursarchive“, wie man die alte Regi­stratur auch nannte,1 2 zu großen Skartierungen (Aktenvertilgungen) ge­kommen zu sein, die Arneth 1885 rückschauend als einen wahren „Ver­nichtungskrieg“ bezeichnet hat. Das hing wohl mit den Ordnungsarbeiten zusammen, die der Legationsrat Wilhelm Freiherr von Pflügl3 und der Agent Johann Lippa seit 1840 auf Metternichs Anordnung darin vor­genommen haben. Arneth, der damals in der Staatskanzlei diente, mag ihre Tätigkeit genauer verfolgt haben. Lippa hat fast zehn Jahre darauf verwendet und Metternich wollte ihn dafür zum Archivar der Staatskanzlei bestellen, hat aber den Kaiser nicht hiefür zu gewinnen vermocht.4 Als im Sommer 1849 der Hofkonzipist Johann Teichmann zum Archi­var der alten Registratur bestellt wurde, fand er dort eine ungeheure Masse durcheinandergeworfener Aktenstöße vor, im ganzen gegen 10.000 Faszi­kel, die vielfach, soweit sie nicht nach Ländern zusammengefaßt waren, als Varia politica, bellica, ecclesiastica, mixta, collectanea, miscellanea — jeweils in solche majoris, minoris oder nullius ponderis untergeteilt — notdürftig geordnet waren. Die Länderreihen waren jede in die Unter­gruppen Relationen, Expeditionen, Instruktionen, Promemorien, Collecta­nea und Varia miscellanea geteilt. Teichmann, der die alte Registratur als das eigentliche Archiv des Ministeriums des Äußern ansah — schon Lippa hatte sie als „Staatskanzleiarchiv“ bezeichnet —, hatte mit der Wieder­herstellung der Ordnung in diesem, dem StA. dem Umfange nach etwa gleichkommenden Archive noch kaum begonnen, als Fürst Felix Schwarzen­berg im Mai 1851 auf Antrag des Archivdirektors Erb die Übertragung sämtlicher Akten bis 1806 ins StA. anordnete. So sind 1851 in zwei Par­tien unter Fiedlers tatkräftiger Mithilfe insgesamt 6300 Faszikel und Bände —1 darunter auch die der Abt. Italien, Span. Rat usw. — ins StA. über­tragen worden, woselbst sie teils dem Hauptarchive, teils den Filialen A und B zugewiesen wurden.5 Die deutschen Korrespondenzen hat Meiller in seine Obhut genommen. Mit dieser Übertragung, die fast den ganzen administrativen und politischen Registratursbestand bis zum Grenzjahr 1806 umfaßte, war der alten Registratur der Todesstoß versetzt. Karl Kesaer (Sohn) wurde Direktor der neuen Registratur und Teichmann bald darauf in den Konzeptsdienst des Ministeriums des Äußern zurückversetzt. 1 Teile dieser Staatskanzleiakten sind, wie es scheint, in die Kriegsakten der Reichs­hofkanzlei geraten. 8 Von Lippa verfaßte Verzeichnisse in StK., Interiora 45. 8 Pflügls Äktennachlaß ist, soweit er aus der alten Registratur stammte, 1870 ins StA. gelangt, während seine Tagebücher von 1815—1842 den Erben verblieben sind. * Eine Sammlung von Proben der Handschriften der Staatskanzleibeamten der Metternichzeit ist von Mayr angelegt und mit entsprechender Vorbemerkung als AB. 169 a aufgestellt worden. 5 AB. 102, 257 a (beide von Klemm).

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