Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Einleitung

174* Einleitung. derzeit von der Benützung ausgeschlossen. Sie sind daher in den folgenden Inventaren nur ganz summarisch verzeichnet. c) Die Ausschließung bestimmter Archivhestände. In der Zeit vor 1918 begnügte man sich jedoch nicht mit der Fest­setzung eines Grenzjahres, sondern suchte auch bei der Benützung älterer Archivbestände Veröffentlichungen vorzubeugen, die aus Gründen der Staatsraison unerwünscht erschienen. Schon in der Benützungsordnung von 1818 (oben S. 167*) griff man daher zu dem Mittel, bestimmte Archiv­bestände gänzlich von der Benützung auszuschließen, so in erster Linie die Urkunden des kaiserlichen Hauses. In der oben S. 167* wiedergegebenen Fassung der Ordnung von 1818 bedeutete dies eigentlich die Verschließung des ganzen damals geordneten Urkundenbestandes, der sich ja nur aus den von den Landesfürsten ausgestellten und empfangenen Urkunden zusammen­setzte (oben S. 141*). In dieser strengen Auslegung wurde dieser Grundsatz jedoch niemals gehandhabt, doch ging man, was ja selbstverständlich war, bei Archivalien, welche die Familienangelegenheiten des kaiserlichen Hauses im besonderen behandelten, mit besonderer Vorsicht vor. „Es soll niemals vergessen werden,“ so führt ein vom Unterstaatssekretär Freiherrn von Werner eigenhändig verfaßter Erlaß von 1850 aus, „daß das Archiv nicht bloß Staats-, sondern auch Hausarchiv ist, und daß die mit Bewahrung dieses Schatzes betrauten kaiserlichen Diener der kaiserlichen Familie wenigstens das zu gewähren schuldig sind, was jede Privatfamilie von den Hütern ihrer Familienpapiere zu fordern berechtigt ist, nämlich daß sie nicht die ihrer Obhut vertrauten Papiere als ein Gemeingut ansehen, welches ohne weiters profanen Augen oder einer unberufenen Neugier preisgegeben wird.“1 Die freilich viel zu weitgehende Aussonderung einer eigenen, „Familienarchiv“ genannten Sammlung, 1858 (oben S. 145*), erfolgte auch unter diesen Gesichtspunkten. Jedenfalls verfügte auch der oben S. 171* erwähnte Erlaß vom 25. September 1868, daß bei Familien­sachen des kaiserlichen Hauses mit besonderer Vorsicht vorzugehen sei, eine Vorschrift, die auch immer genau beachtet wurde. Dasselbe gilt auch von der Bestimmung der Benützungsordnung von 1818, welche die geheimen völkerrechtlichen Vertragsurkunden von der Benützung ausschloß. Denselben Grundsatz wandte man um diese Zeit auch auf das niederländische Archiv und auf den handschriftlichen Nach­laß Kollars an. Später kam man immer mehr davon ab, bestimmte Gruppen von Archivalien allgemein von der Benützung auszuschließen. 1866 kam Fiedler auf den befremdenden Gedanken, den Forschern nur die diplomatischen Berichte der kaiserlichen Vertreter im Ausland vorzulegen, die Weisungen des kaiserlichen Hofes an diese aber vorzuenthalten (z. B. 1867 auch Ranke gegenüber). Arneth hat dies 1877 wahrscheinlich auf Betreiben Fiedlers, der 1 Auf diesen Erlaß berief Arneth sich noch in den Siebzigerjahren Fournier gegenüber. A. Founder, Lebenserinnerungen, München 1923, S. 152.

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