Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Einleitung

26* Einleitung. Staatsverwaltung stehenden Beamten, seit 1764 zum Ausdruck kam, konnte es geschehen, daß vollkommen vorgebildete und wissenschaftlich bedeu­tende Fachmänner sich in den dem Ministerium des Innern unterstehenden Archiven noch in den Siebziger- und Achtzigerjähren des 19. Jahrhunderts mit der Stellung von mittleren Kanzleibeamten1 begnügen mußten. Auch weiterhin folgte das Ministerium des Innern dem Ministerium des Äußern in der Fürsorge für seine Archive nur in weitem Abstande. Die Einstellung des Ministeriums des Innern gegenüber dem Archivwesen kommt auch in der gänzlich unzureichenden und der Bedeutung der Archive für die Wis­senschaft und die Verwaltung in keiner Weise gerecht werdenden Darstel­lung in der fünften Auflage von Ernst Mayrhofers Handbuch für den politi­schen Verwaltungsdienst, I. Band, Wien 1895, S. 1208 ff., zum Ausdruck, die noch lange nachwirkte.1 2 Wie dem auch sei, in den Fünfzigerj ähren des 19. Jahrhunderts wandte das Ministerium des Innern für kurze Zeit seine Aufmerksamkeit dem Archivwesen zu. Das Ministerium des Äußern überließ ihm das Feld. In der Sitzung der Ministerkonferenz vom 11. Juli 1857,3 die sich mit der Vor­beratung des kaiserlichen Handschreibens4 über die Erweiterung der inneren Stadt Wien beschäftigte, taucht bereits der Plan der Errichtung eines Reichs­archivgebäudes auf, der vom Minister des Innern Alexander Bach damit be­gründet wurde, daß „die Reichhaltigkeit unserer gegenwärtig bei verschie­denen Zentralstellen zerstreuten Staatsarchive, insbesondere des für die Ge­schichte der Monarchie hochwichtigen Haus-, Hof- und Staatsarchivs, dann des Kriegsarchivs“ „die Notwendigkeit einer vereinten und würdigen Unter­bringung derselben in einem Gebäude“ erweise. Bach schwebte offenbar die räumliche Vereinigung aller staatlichen Archive, einschließlich des StA. zu einem Reichsarchiv vor, das dem Min. d. Inn. unterstehen sollte. Das ist zwar in dem Protokoll vom 11. Juli 1857 nicht deutlich ausgesprochen, geht aber aus der Vorgeschichte des Entwurfs und aus der weiteren Behandlung der Angelegenheit im Ministerium des Äußern deutlich hervor. Der mährische Landeshistoriograph und Benediktinerpater Dr. Beda Dudik5 hatte schon im Frühjahr des Jahres 1856 dem Armeeoberkom­1 A. Fournier, Lebenserinnerungen, München 1923, S. 111 ff., 120, 129, 151, 195 und Nekrolog von A. F. Pribram auf A. Fournier in: Almanach der Wiener Akademie der Wissenschaften 70. Jahrg. (1920), S. 276, und unten S. 103 (Oswald Redlich). 2 Vgl. unten 2. Abschnitt § 3, 3. Abschnitt § 5. 3 Die Protokolle dieser wie der anderen Ministerkonferenzen über die Stadt­erweiterung erliegen in der im StA. erliegenden Registratur der Ministerkonferenz (vgl. die Ausführungen v. Reinöhls im 2. Band des Gesamtinventars) unter den Zahlen 1368, 2503, 2690, 3312, 3430 und 4960. 4 Dieses ist vom 20. Dez. 1857 datiert und in der „Wiener Zeitung“ vom 25. Dez. 1857 Nr. 296 abgedruekt. 5 Über Dudik vgl. Wurzbach, Biogr. Lexikon des Kaisertums Österreich III 385; Karl Rieger, Mitteilungen aus den Akten des k. k. Ministeriums des Innern bezüglich einer Reorganisation des österreichischen Archivwesens; als Manuskript gedruckt, 1881, S. 4; E. Mühlbacher, Die literarischen Leistungen des Klosters St. Florian a. a. O. 266; Oswald Redlich, Staatliches Archivwesen in Österreich in: Korrespondenz­blatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine 1911, ,Sp. 460; L. Groß, Archivschutz a. a. O. 168.

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