Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Einleitung

22* Einleitung. bei der Hofkommission in Familienangelegenheiten erliegenden Urkunden des kaiserlichen Hauses und der Staatsverträge und drang damit durch. Erst durch diesen Erfolg wurde das StA. das, was es nach den Absichten seiner Gründer von Anfang an sein sollte, eine Rüstkammer zur Verteidi­gung der Rechtsansprüche des Erzhauses (oben S. 16*). Mit großer Energie nahm Hormayr die Idee der Ausgestaltung des StA. zu einem Zentral­institut in einem weit über die Gedanken der Gründer hinausgehenden Um­fange auf.1 Schon in einer Eingabe vom 5. Mai 1808 hatte er das StA. als den Verwahrungsort aller Urkunden, „welche irgendein auf staatsrecht­liches Interesse bezughabendes Faktum enthalten“, bezeichnet. Ein offenbar von ihm verfaßter Vortrag des Staatskanzlers Metternich an den Kaiser vom 15. November 18101 2 bezeichnet das StA. zum erstenmal ausdrücklich als „Centralinstitut“. Bezeichnend ist, wie Hormayr auch den damals von ihm geschaffenen Titel der Anstalt3 „Haus-, Hof- und Staatsarchiv“ aus­legte. Danach brachte das Wort „Haus“ nicht allein den Besitz an den eigentlichen Familienurkunden zum Ausdruck, sondern auch den Besitz aller aus der Ausübung der landesfürstlichen Hoheitsrechte des regierenden Hauses hervorgegangenen Archive. So rechnete Hormayr 1811 zum Haus­archiv auch die niederländischen Archive. Die Bezeichnung „Hof“ sollte nicht nur den Besitz von Archivalien der Hofstäbe andeuten, sondern auch den Besitz der Archivalien über die zentrale Staatsleitung, besonders hin­sichtlich der Außenpolitik, wie man etwa von einem Wiener Hof, einem Wiener Kabinett spricht.4 Das Wort „Staat“ drückt nach Hormayr die An­wartschaft auf alle in das Staatseigentum gelangten Archivalien, z. B. die Urkunden aufgehobener Klöster, aus. Die auf den Vortrag Metternichs vom 15. November 1810 erteilte kaiser­liche Entschließung vom 6. März 1811 lautete: „Sie haben zur Überkom- mung aller in das Hausarchiv gehörigen Urkunden, insoweit sie bereits im Eigentum des Staates sind, das Erforderliche zu veranlassen.“ 5 Auf Grund dieser Entschließung eröffnete Metternich den Landesbehörden von Nieder- und Oberösterreich, von Steiermark und Kärnten im März 1811, daß es die Absicht des Kaisers sei, „das geheime Staats-, Hof- und Hausarchiv zu einem Centralinstitut aller für die Geschichte und das Interesse des Staates wichtigen Urkunden und Instrumente“ auszugestalten.6. Es seien deshalb 1 Vgl. hiezu auch L. Groß, Zur Geschichte des Archivschutzes in Österreich in: Archival. Zeitschr. 42./43. Bd., S. 161. 2 Abgedruckt bei Hormayr, Taschenbuch für die vaterländische Geschichte XXV (1836) S. 489. 3 Vgl. auch unten 2. Abschnitt § 2. 4 So noch in einer Denkschrift Chmels 1858. 5 Hormayr, Taschenbuch a. a. 0. 491. 6 Dieselben Gedanken finden sich auch in einem ebenfalls von Hormayr ent­worfenen Vortrag Metternichs vom 8. Juni 1811, der vom Kaiser am 25. Febr. 1813 genehmigt wurde (Hormayr, Taschenbuch XXV 491), in einer Zuschrift der Staats­kanzlei an das Präsidium der Hofkammer vom 2. Juni 1811 und in einem Bericht Hormayrs an Metternich vom 30. Dez. 1811 (Hormayr, Taschenbuch XXV 474). Vgl. hiezu auch E. Mühlbacher, Die literarischen Leistungen des Stiftes St. Florian, hrg. von Oswald Redlich, Innsbruck 1905, S. 193, 194; L. Groß, Archivschutz in Öster­reich a. a. O. 162.

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