J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 3. Metternichs geheimer Briefdienst. Postlogen und Postkurse (1935)
I. Die Postlogen - 7. Die toskanischen Postlogen und Postlogisten
einen geheimen Postlogenvertrag ab (S. 64). Daß sich Fossombroni damit kompromittierte und dem Wiener Hof ein Unterpfand künftigen Wohlverhaltens in die Hand gab, sah Metternich nicht für den geringsten Vorteil dieses Vertrages an4). Doch vergingen noch ij Jahre (S. 103 ff.), ehe er sich praktisch auszuwirken begann, nachdem zuvor der Wiener Logist Bitermann, der sich zu diesem Zwecke unter dem Vorwände privater Geschäfte als einfacher Reisender nach Florenz begab, mit dem toskanischen Generalpostdirektor Pauer den Florentiner Logendienst im einzelnen geregelt hatte5). Ein dem Großherzog Leopold II. von Toskana von Wien als Gegenleistung zur Verfügung gestelltes aufgelöstes Interzept eines Chiffrenberichtes des Florentiner französischen Gesandten über die bevorstehende Vermählung des Großherzogs mit der Prinzessin Maria Antonia von Neapel war — wie sich Cobelli noch 1852 erinnerte — „die wahre Ratifikation“ der neuen Postkonvention. Von der Beistellung österreichischer Logisten wurde nun stillschweigend Abstand genommen. Das Logeninstrumentar aber wurde aus Wien bezogen. Desgleichen eine zur Aufbesserung der toskanischen Logisten bestimmte Jahressubvention von 800 Dukaten, die teils in Münze, teils in Wechseln bis 1847 überwiesen worden ist. Die Dukaten wurden von der großherzoglichen Hauskasse in toskanische Silbermünzen umgewechselt und diese zur Auszahlung gebracht6). Für das toskanische Ministerium bedeuteten diese Jahrgelder eine willkommene Einnahme, mit der es alle Auslagen des Logendienstes bestreiten und auch Außenseiter beteilen konnte. Dies ver- anlaßte die österreichische Regierung, dem ihr besonders ergebenen Pistoj, dem Leiter des toskanischen Logendienstes, eine Sondergratifikation von 100 Dukaten jährlich zuzuwenden. Die Übermittlung dieser Jahrgelder geschah so vorsichtig als möglich. Geldkistchen und Korrespondenzen wurden, mit privaten Siegeln versehen, unter Umgehung des österreichischen Gesandten an den Legationssekretär Schnitzer geleitet, der mit Fossombroni und dem toskanischen Innenminister Neri Corsini in geheimer Verbindung stand. Diese Jahrgelder waren für Österreich auch insoferne von Nutzen, als sie ein wirksames Mittel zur Anspornung der toskanischen Logisten darstellten, wenn man die Geldsendungen je nach Bedarf mehr oder weniger verzögerte und dadurch das toskanische Ministerium zur Auszahlung von Vorschüssen nötigte. In der Tat gingen die Leistungen der toskanischen Logen in den Vierzigerjahren empfindlich zurück. Schon 1838 war die Florentiner Loge „comme frappé de stérilité“ 7). 1839 hat Turneretscher im Verein mit Pistoj einen letzten Versuch zur Wiederbelebung der toskanischen Postlogen unternommen (S. 105). Noch einmal stieg — im Dezember 1840 — die Gesamtzahl der jährlich eingesandten Interzepte der Florentiner Loge auf 500 an8). Die Gewährung der Preßfreiheit (November 1847) zog die schleunige Aufhebung der toskanischen Postlogen nach sich; man befürchtete Enthüllungen und einen großen Skandal9). 4) Vortrag 17 VII nach 24 Toskana 25. 5) Vertrag (Anm. 24 S. 7). e) Bericht aus Florenz 37 II 1 Toskana 42. 7) Weisung nach Florenz 38 V 26 Toskana 43. 8) Interzept 40 XII 28 Interzepte 52. °) Zaremba an Mett. 47 XI 14 Interiora 72; Lebzeltern an Mett. 47 XI 21 1. c. — Zum letzten Male hat sich Pistoj im Jahre 1851 für Österreich verwenden lassen, wofür er im März 1852 222 Dukaten erhielt; er befand sich damals schon im Ruhestande. Mayr, Metternichs geheimer Briefdienst. 2 17