J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 3. Metternichs geheimer Briefdienst. Postlogen und Postkurse (1935)

I. Die Postlogen - 8. Fremde Postlogen

Die Hauptursachen des Niederganges der toskanischen Postlogen werden später (S. ioj) noch näher berührt werden. Hier sei auf die mißlichen Lokal- und Personalverhältnisse der Postlogen von Florenz und Livorno hin­gewiesen, die sich nach derselben Richtung hin auswirkten. 1832 wurde für Florenz ein kleines, dem Büro des Postvorstandes benachbartes Logen­zimmer in Aussicht genommen, das für die Durchforschung der lokalen Kor­respondenz bestimmt war. Alle übrigen Briefschaften wurden in der Privat­wohnung des Postvorstandes „operiert“. Es hing mit Pistojs angeborener Ängstlichkeit und Unsicherheit zusammen, daß er die Amtsloge weder am frühen Morgen noch am späten Nachmittage noch auch tagsüber auf längere Zeit zu betreten wagte, weshalb er die Logenarbeit fast ganz in seine über tausend Schritt entfernte Privatwohnung verlegte. Auf vielfältige österreichi­sche Vorstellungen hin wurde endlich beschlossen, Pistoj in einem unmittelbar neben dem Postgebäude (auf der Piazza Ducale) gelegenen Haus einzuquartie­ren und zwischen Wohnung und Büro eine Verbindungstür durchzubrechen, deren sich Pistoj jederzeit ungestört bedienen konnte. Ähnlich lagen die Dinge in Livorno. Erst mußte der Geheime Dienst in einem Saal in Gegenwart aller Postbeamten versehen werden, dann wurde wohl ein geeigneteres Postgebäude — das alte Zollamt — ins Auge gefaßt, inzwischen aber die Logenarbeit in ein kaum zwei Klafter langes Kabinett der im Postamte befindlichen Privat­wohnung des Postdirektors verlegt. Über Erwartungen und Versprechungen aber ist man weder in Florenz noch in Livorno hinausgelangt. Wenn Schnitzer die längst beschlossenen Verbesserungen betrieb, dann zuckte man in Florenz bedauernd die Achseln und wies auf die leeren Staatskassen. Dazu kam, daß sowohl Pistoj in Florenz wie Mazzinghi senior in Livorno zumeist nur über solche Logisten verfügten — in Florenz über Pescetti, Cassini und Matteozzi, in Livorno über Mazzinghi junior und Martelli —, die ihre innere Abneigung gegen Österreich durch die geringe Zahl und die Bedeutungslosigkeit ihrer Interzepte dokumentierten10). 8. Fremde Postlogen. Es wäre irrig — und ergibt sich ja auch schon aus der bisherigen Dar­stellung —, die Postlogen für eine Besonderheit Österreichs zu halten. In Frankreich führt eine kontinuierliche Entwicklung dieser Institution von Ludwig XI. über die „commissions inquisitoriales des postes“ Ludwigs XIV. und das Empire Napoleons bis zur Diktatur Gambettas von 1870, und zahl­reich sind die Memoiren, die uns darüber unterrichten1). Dasselbe Verfahren hat Frankreich auch auf deutschem Boden zur Anwendung gebracht. Kein Geringerer als der Freiherr vom Stein ist ihm 1808 zum Opfer gefallen. Und wenn Frankreich 1811 alle holländischen Korrespondenzen über Paris und alle römischen über Straßburg leiten ließ, so wird dies wohl im Interesse der dortigen Postlogen geschehen sein. Ganz offen hat sich der ehemalige fran­zösische Staatssekretär Marét unter Bezugnahme auf die österreichischen Post­10) Bericht aus Florenz 38 VI 26 Toskana 43; Turneretscher an Mett. 39 IV 13, XI 3 Toskana 44; Bericht aus Florenz 39 XII 24 Toskana 44. ‘) A. Belloc 1. c. 408 ff., 448 f.; E. König 1. c. 13, 19 ff.; B. Crole 1. c. 72 ff.; H. Stephan, Gesch. d. preuß. Post 343 Anm.; Heim, Briefgeheimnis (Archiv f. Post u. Tel. 1900) 966 ff.

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