J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 3. Metternichs geheimer Briefdienst. Postlogen und Postkurse (1935)

I. Die Postlogen - 7. Die toskanischen Postlogen und Postlogisten

Solange sidi audi die Hauptpostwagendirektion im Postamtsgebäude befand, gestalteten sich die Lokalverhältnisse besonders mißlich. Mit der Aus- quartierung derselben trat vorübergehend eine Besserung ein. Bald aber machte sich die gleichfalls im Postamtsgebäude untergebrachte Posthofbuch­haltung um so unangenehmer bemerkbar. Der ebenso dienstbeflissene wie neugierige Direktor derselben trieb durch stundenlange nächtliche Revisionen die Beamten des geheimen Postdienstes so sehr in die Enge, daß dieser eine Zeitlang ernstlich in Frage gestellt war23). Schließlich mußte jedoch auch die Posthofbuchhaltung das Postamtsgebäude räumen. Zur Schaffung einer allen Übergriffen des Fiskus entrückten, den Anforderungen des Geheimen Dienstes entsprechenden und dem kaiserlichen Kabinett, der Staatskanzlei und der Polizeihofstelle nahestehenden, ganz auf sich gestellten Generalpostdirektion (S. 48 f.) ist es jedoch in Österreich trotz aller ausländischen, von Metternich unablässig ins Treffen geführten Vorbilder nicht gekommen24). 7. Die toskanischen Postlogen und Postlogisten. Den für Österreich tätigen Reichslogen entsprachen in Italien die toskani­schen Postlogen — beide Mittel- und Anhaltspunkte der kraftvoll nach Nor­den und Süden ausgreifenden gesamteuropäischen Außenpolitik des Fürsten Metternich. Die Neuschöpfung des Deutschen Bundes und seiner Polizei- einrichtungen ’) machte die .alten Reichslogen allmählich entbehrlich. Im Süden aber, wo Metternich die Bildung einer dem Deutschen Bunde entspre­chenden Lega Italica nicht gelungen war2), besaßen die in österreichischen Diensten stehenden ausländischen Postlogen erhöhte Bedeutung. Zunächst waren Rom, Florenz, Massa und Neapel hiefür in Aussicht genommen. Bald aber konzentrierten sich die österreichischen Pläne auf das Großherzogtum Toskana, in dem der Bruder des Kaisers Franz regierte. Neben Florenz, wo­selbst sich schon eine toskanische Postloge befand, war vorübergehend auch Pisa als Sitz einer solchen in Aussicht genommen. Tatsächlich wurde sie aber — erst 1838 — in dem benachbarten Livorno eingerichtet. Florenz und Livorno waren die wichtigsten Knotenpunkte der Lombardo-Venezien um­gehenden Postkurse der italienischen Halbinsel, dazu in steigendem Maße Zentren der italienischen Geheimbünde. Um Toskana den österreichischen Absichten gefügiger zu machen, wurde ein gegenseitiger Austausch der beide Staaten besonders berührenden Inter- zepte, dazu die Auflösung der in Florenz interzipierten und eingesendeten Ziffernkorrespondenzen in Aussicht genommen, worauf man sich in Wien trefflich verstand. Einige in Mailand gewonnene, besonders inhaltsreiche In- terzepte von Briefen toskanischer Untertanen konnten dabei als Lockspeise dienen. Ein österreichischer Beitrag für ein bis zwei toskanische Logisten oder die Entsendung eines Wiener Logisten mußte dann die Florentiner Loge völlig ins österreichische Interesse ziehen 3). Auf dieser Grundlage schloß Metternich mit dem toskanischen Staatssekretär Grafen Fossombroni am 24. Juli 1817 23) Dollinger an Mett. (Anm. 18 S. 15); Vorträge 12 I 1, 13 III 5 Vorträge 281, 2S4. 24) Vorträge 17 IX 25, XI 25, 18 III 16 Vorträge 308, 309, 311. 4) F. Reinöhl, österr. Informationsbureaus im Vormärz (Archiv. Zeitschr. 38). 2) K. G r o ß m a n n, Mett.s Plan eines ital. Bundes (Hist. Blätter 4). 3) Projekt Löschners 16 IV 16 Neapel 34. 16

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