J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

IV. Der Beamtenkörper der Staatskanzlei - 1. Im allgemeinen

IV. Der Beamtenkörper der Staatskanzlei. 1. Im allgemeinen. Eine dem Beamtenkörper der Staatskanzlei eigentümliche Besonderheit war der Mangel einer scharfen Abgrenzung zwischen dem Dienste im Konzepte und dem im sogenannten Manipulationsfache; es war — wenn auch nicht ausnahmslos — üblich, Dienstleistungen letzterer Art mit Stellen und Besoldungen des Konzeptfaches zu belohnen 577 *). Die Wichtigkeit des Expeditsdienstes der Staatskanzlei und der vertrauliche Charakter der Ge­schäfte, die den Beamten desselben oblagen, verwischte die sonst übliche Grenzlinie zwischen Konzept- und Kanzleidienst, so daß auch Kanzleibeamte für den Konzeptsdienst herangezogen und zu Konzipisten, Sekretären und Räten befördert werden konnten 678). Das galt den Vätern des Konzepts­dienstes mit vollqualifizierten Söhnen — so etwa Hofrat Perin — als „un funeste usage“, den auch Baron Werner in seiner dem Fürsten Felix Schwarzenberg gewidmeten Denkschrift mit scharfen Worten verurteilt hat: man begann als Praktikant oder Offizial mit einer guten Handschrift als höchstem Erfordernis und einer entsprechend hohen Empfehlung als ein­zigem Beförderungsmittel, wobei dann Konzept- und Kanzleibeamte im Vorrücken fortwährend miteinander vermischt wurden 579). Der hohe Rang des Amtes, verstärkt durch den dem österreichisdien Adel, der die meisten Stellen bekleidete, innewohnenden Kastengeist, er­zeugte ein stark betontes Klassen Bewußtsein, das sich nach außen- hin kräftig auswirkte. Es ist bekannt, wie sehr selbst Metternich in den ersten Jahren seiner Staatskanzlerschaft darunter zu leiden hatte und wie heftig die Anfeindungen waren, die er vonseiten des österreichischen Hoch­adels im allgemeinen und von einzelnen Staatskanzleibeamten im besonderen — so von Hudelist, Wessenberg, Bretfeld und Hammer — zu erdulden hatte 58°). Auch Gentz, der außerhalb der österreichischen Beamtenhierarchie emporgekommen war, wurde mit Mißtrauen empfangen. Der hatte nun freilich auch seinerseits nicht wenig gegen seine Amtsgenossen einzuwenden, die ignoranten Fanatiker — wie er sie nannte —, die sich darauf be­schränkten, „auf dem Papiere die spanische Schule zu reiten“ B81). Unter­einander hielten sie gute Kameradschaft. So trat z. B. Graf Mercy, sobald er von der ihm zugedachten Ernennung zum Staats- und Konferenzrate 577) 46 XII 9 Vortrag Mett.s StConferenz (Ca) 1395/1846. 57S) 32 X 9 Vorträge 399. 679) 31 X 26 Bittschrift Perins F 4 Personalia 169; 49 I 9 Gutachten Werners Polit. Arch., Organis, d. Minist, d. Ä. 1849—80. 58°) H. v. S r b i k 1. c. 1, 186, 482!. Ähnlich urteilte 1810 auch Erzherzog Johann (F. Krön es, Aus Österreichs Tagen 92). M1) C. Klinkowström, Aus d. alt. Registr. d. Staatskanzlei 179. 7* 99

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