J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

I. Das Gebäude der Staatskanzlei

je 300 fl. Gehalt7). 1818 wurde die in das zweite Stockwerk emporragende Kapelle durch eine Querdecke abgeriegelt, wodurch für Metternich ein weiterer Bibliotheksraum gewonnen wurde. Eine schief gestellte, auf den Altar gerichtete Öffnung verband Bibliotheksraum und Kapelle und ge währte Sicht für weitere drei Personen. Das erste Altarbild, ein Hl. Johannes von Nepomuk, wurde 1821 samt Leuchtern und Sesseln der Pfarre Geras- dorf geschenkt. Im selben Jahre gab der Umbau der Löwelbastei Metternich willkom­menen Anlaß, das in der Löwelgasse gelegene Nebengebäude der Staats­kanzlei neu eindecken und darauf ein mit dem dahinterliegenden Bastei­garten zusammenhängendes Gärtchen anlegen zu lassen, das, von einem Eisengitter umgeben, auf Strauch- und blumenbedecktem Rasen einen Spring­brunnen und ein Gartenhaus aufwies und mit Metternichs Amts- und Wohn räumen durch eine eiserne Bogenbrücke verbunden war8). Über diese Brücke ist Metternich am 13. März 1848 aus der Hofburg, wo ihm sein Rücktritt nahegelegt worden war, in kleiner Begleitung in die Staats­kanzlei zurückgekehrt9). Die Gartenanlage gewährte dem zweiten Stock­werke des Staatskanzleigebäudes eine viel freiere Aussicht, die auch den Staatskanzleibeamten in ihren dunklen Arbeitszimmern des ersten Stock­werkes zugute kam. Eine Stiege führte in den das Gärtchen unterfahrenden Basteigang hinab, in dem nun Teile des alten deutschen Reichsarchivs eine notdürftige Unterkunft fanden 10). Viel früher als Kapelle und Gärtchen war das Staatskanzleigebäude selbst — namentlich im zweiten und dritten Stockwerke — einer kost­spieligen Erneuerung unterzogen worden, die vor und nach dem Wiener Kon­gresse Tapezierer, Spiegelmacher, Stukkateure, Vergolder, Tischler, Maler (Hurtl), Baumeister, Lusterfabrikanten und Bildhauer (Klüber) jahrelang beschäftigte n). Bald darauf hat Metternich dieses Reformwerk auch auf das an der Ecke der Löwel- und Kreuz(heute Metastasio-)gasse gelegene, „eher einer Ruine gleichende“ Gebäude des aufgehobenen Minoritenklosters auszudehnen versucht. Es war seither der niederösterreichischen Regierung überlassen und sollte nunmehr bis zur Höhe des Staatskanzleigebäudes auf­geführt werden, wodurch neue, zur Aufnahme des obdachlosen Archivs der alten deutschen Reichskanzlei bestimmte Räumlichkeiten gewonnen werden konnten. Doch scheiterte dieser Plan an der Sparsamkeit Kaiser Franzens, der schon an den Kosten der vorerwähnten Instandsetzungsarbeiten Anstoß genommen hatte 12). In der Mitte der Zwanzigerjahre ist es Metter­nich für kurze Zeit geglückt, den Kaiser umzustimmen. Noch wanderte ja das Reichskanzleiarchiv von Ort zu Ort oder lag noch unausgepackt in Fässern auf den Gängen des Staatskanzleigebäudes1S). Aber weder damals noch zwanzig Jahre später hat Metternich den Archivanbau durchzusetzen 7) 23 IV 14 Dekrete Personalia 11, 15. 8) Hier stand „Metternichs Linde“ in Hermann Rolletts gleichnamigem Gedichte von 1845 (O. Rommel, Der österr. Vormärz 121). ®) H. v. S r b i k 1. c. 2, 283. 10) 24 VIII 22 Vortrag Interiora n; vgl die Abbildung der Staatskanzlei bei H. v. S r b i k 1. c. i, 480. 11) 15 IV 14 Vorträge 291; 1816 Summarium Interiora 11. ls) 18 VI 6 Vorträge 313; 20 VIII 19 Vortrag der Hofkammer StRat 5347/1820. 13) 24 VIII 22 Vortrag Interiora 11. 9

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