J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

III. Die Organisation der Staatskanzlei - 4. Der Geschäftsgang

Der Akteneinlauf wurde — gleichviel ob er an den Staatskanzler un­mittelbar oder an die Staatskanzlei gerichtet war — von Metternich selbst eröffnet. So wurde es 1809 festgesetzt und erst 1846 dahin abgeändert, daß der Akteneinlauf letzterer Gattung dem Unterstaatssekretär zur Er­öffnung überlassen werden sollte, während die Eröffnung des politischen Einlaufes durch den Staatskanzler im Beisein des Unterstaatssekretärs und der politischen Referenten zu erfolgen hatteS01). Zur leichteren Unter­scheidung mußten die politischen Berichte in französischer Sprache an den Staatskanzler, die übrigen in deutscher Sprache an die Staatskanzlei gerichtet werden. Erstere waren überdies mit dem Privatsiegel des Berichterstatters, letztere mit dem Amtssiegel zu verschließen 301 302 303). Die Willensmeinung des Monarchen holte der Staatskanzler entweder mündlich im Audienzwege oder durch Vorträge schriftlich ein. Später mußte der politische Einlauf von Wichtigkeit sogleich dem Kaiser unterbreitet werden. Die Austeilung des Akteneinlaufes war anfangs ausschließlich Sache des Staatskanzlers, der ihn seinen Referenten jeden Morgen in ver­schlossenen Taschen zustellen ließ. In politischen Angelegenheiten empfingen die Hofräte ihre Aufträge unmittelbar vom Staatskanzler, während die Austeilung der an die Staatskanzlei gerichteten kurrenten oder privaten Zuschriften 1816 einer aus dem Staats- und Konferenzrate und sämtlichen inländischen Hofräten gebildeten Kommission überlassen wurde 30S). Später wurde der Einlauf dieser Art 304) dem Staats- und Konferenzrate oder den Hof- und Staatskanzleiräten unmittelbar oder — so 1846 — auf dem Umwege über den Kanzleidirektor, das Einreichungsprotokoll und die Registratur zugestellt. In dringenden Fällen wurde dieser Weg ent­sprechend abgekürzt. Zur Einholung von Weisungen und Auskünften stand der Staatskanzler den Abteilungschefs täglich von 10—11 Uhr in seinem Kabinette zur Verfügung. Das Einreichungsprotokoll (Tagebuch), das der Akten- einlauf — dringende Fälle ausgenommen — vor seiner Bearbeitung zu durchlaufen hatte, war dem Registrator anvertraut, der die Eintragungen und die Anbringung des Präsentierungsdatums (Eingangsdatums) und der Tergalrubren (Rückvermerke) besorgte. Dann blieb der Einlauf — so wurde es 1809 bestimmt 306) — mit den Konzepten des Vortags den ganzen Vormittag über auf einem besonderen Tische zur Einsicht durch die Hofräte liegen. Erst am Nachmittage wurde er an die Sektionen ab­gegeben. In Wirklichkeit wurde das Einreichungsprotokoll nur in un­zureichender Weise geführt. Die inländische Abteilung fand sich, so gut es ging, damit ab, während bei der auswärtigen noch 1848 „von dessen Funktionen auch nicht die entfernteste Spur vorhanden war“ 306). Der Austeilung und Protokollierung des Einlaufes folgte — täglich und mit möglichster Beschleunigung — dessen Zuweisung an die 301) 46 IV 23 Geschäftsordnung Interiora 3. 302) 16 VI 3 Zirkulare Interiora 2; 21 IV 27 Weisung Amerika, Weisungen 1. 303) 16 VIII 27 Organisierung Interiora 2. 3<M) Bleistiftnotizen, die Namen der Referenten bezeichnend, rechts unten auf der Rückseite der Einlaufstücke. 305) 09 XI 13 Organisierung Interiora 1. 308) 49 I 09 Gutachten Werners Polit. Ardh. Organis, d. Minist, d. Ä. 1849—80. 54

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