J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

III. Die Organisation der Staatskanzlei - 4. Der Geschäftsgang

toriums, der sich selbst davon überzeugte, auch insoferne besonders miß­fiel, als die Staatskanzlei seiner Meinung nach, sowohl was die Last der Verantwortung des einzelnen, als auch was die Menge der Amtsgeschäfte im ganzen betraf, weit hinter den Hofstellen zurückblieb 29B). Kolowrat wies 1831 auf einige so ungenügend beschäftigte Staatskanzleibeamte hin, daß sie nicht länger als 2—3 Stunden täglich zu arbeiten hatten, eine Species, die 1846 auch Teichmann wohl bekannt war: Kollegen, die ihre paar Konzepte oder Reinschriften — und diese nicht einmal täglich — abfertigten und im übrigen ihrem Vergnügen nachgingen 293). Viel zu diesen Urteilen mag die ungewöhnliche Arbeitsgliederung bei­getragen haben, die — Metternichs Lebensgewohnheiten entsprechend — einen Teil der Amtsstunden auf den späten Abend und die Nacht, wenn die übrigen Behörden längst geschlossen hatten, verlegte 296 297), wodurch sich tagsüber längere Arbeitspausen ergeben mußten. Manche freilich suchten sich dieser Nachtarbeit, so gut es ging, zu entziehen, ohne sie aber am Tage nachzuholen. Anfänglich hat Metternich die Amtsstunden der Staatskanzlei von 10—2 Uhr und von 6—9 Uhr festgesetzt, 1816 aber teils vermehrt (ro—3 Uhr), teils höher heraufgerückt (7—10 Uhr). 1839 sind sie um eine weitere halbe Stunde verlängert worden (halb 10—3 Uhr). In Wirklichkeit waren die Staatskanzleibeamten „an keine Grenzen der Arbeitsstunden ge­bunden“, was sich vor allem in einer Verlängerung derselben bis in die späte Nacht hinein auswirkte 298 * *). Es gab in der Tat Beamte, die ihr Leben fast ausschließlich im Büro zubrachten, auf alle Geselligkeit verzichteten und daher „gewissermaßen doppelt dienten“, daneben freilich auch Aus­nahmen, besonders unter den Beamten der unteren Kategorien, die sich in­folge der hohen Mietzinse in der Stadt mit einer Vorstadtwohnung behelfen mußten. Da genügte schon ungünstige Witterung oder die geringste Un­päßlichkeit — zumal bei hochbetagten Beamten mit geschwächter Seh­kraft —, um sie zur Einstellung der Abend- und Nachtarbeit zu veran­lassen. Es war ja in der Tat keine geringe Aufgabe, viermal am Tage den Weg zwischen Stadt und Vorstadt zurückzulegen, zumal wenn der Heimweg erst „in der dunklen Nacht unter Gußregen und Sturmwinden, wenn selbst der Fiaker schon in Ruhe lag“, erfolgen mußte 2"). Die Amtsstunden der Staatskanzleikasse wurden 1829 auf den frühen Morgen und die Mittagszeit (8—2 Uhr) beschränkt, da die künstliche Beleuchtung des tiefen und finsteren Kassenraumes mit Feuersgefahr verbunden war. In Ausnahmsfällen — auf Kongressen u. dgl. m. — mußten die Amtsstunden der Staatskanzlei den Diensterfordernissen vollends angeglichen werden. So begann z. B. auf dem Laibacher Kongresse die Arbeit um 9 Uhr früh und zog sich zumeist bis Mitternacht, ja bis 2 und 3 Uhr morgens hin 30°). 296) Äußerungen Baldaccis zu Metternichs Vorträgen von 09 XII 29 und 10 IX 1 Kabinettszahlen 2279/1809 und 1783/1810. 2»6) Ueidtel-Huber 1. c. 2, 64. 297) Aus den Papieren des Staatsministers Maximilian Frh. v. Lerchenfeld 459; H. v. S r b i k 1. c. i, 253 ff. ***) A. Arneth 1. c. 1, 275 ff.; J. Krauter 1. c. 74. s#9) 16 X 29 Eingabe des Offizials Hoze de Feria Personalia 24. 30°) 21 V 21 Mercy an Stürmer Interiora 92. 53

Next

/
Oldalképek
Tartalom