J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)
III. Die Organisation der Staatskanzlei - 3. Sonderreferate
Ärger der Staatskanzleibeamten — nicht ohne regelmäßige Einsicht in die Gesandtschaftsberichte möglich war 281). D. Ungarn. Es entsprach der Bedeutung Ungarns für die Gesamtmonarchie, daß sich Metternich — teils unmittelbar, teils durch die Staatskanzlei — in besonderem Maße mit diesem Lande beschäftigt hat. Das geschah aber nicht im Wege eines eigenen ungarischen Referates, sondern lediglich unter Mithilfe bestimmter, verschiedenen Arbeitsgebieten entnommener Referenten. So besuchten Wacken, Baron Krufft und Eberhard Perin in Metternichs Begleitung den Preßburger Reichstag von 1811/12 282). Wacken war auch schon 1807 und 1808 dort gewesen und machte sich überdies durch eine französische Neuausgabe von Schwärmers ungarischer Statistik um die Aufklärung des Auslandes über das österreichische Verwaltungssystem verdient. Baron Krufft führte das Tagebuch der Reichstagsversammlung 283) und entwarf die kaiserliche Resolution auf die Repräsentation der ungarischen Stände. Eberhard Perin, der über persönliche Beziehungen zu den Kreisen der ungarischen Magnaten verfügte, oblagen die Berichterstattung über die Reichstagsverhandlungen und überdies alle sonstigen ungarischen Angelegenheiten 284). Später entwarf Baron Depont Artikel über Ungarn für französische Zeitungen 285) und konzipierte auch die den ungarischen Reichsständen kundgemachten kaiserlichen Resolutionen. Ja er mußte sogar, so sehr er sich auch dagegen sträubte — Ungarn war für den deutschen Beamten eine durch Schul- oder Bücherweisheit nicht zu bezwingende terra incognita —, die Leitung der 1837 eingerichteten ungarisch-siebenbürgischen Sektion des polizeilichen Zentralinformationsbüros übernehmen, die sich im wesentlichen auf die Interzepte der Postlogen von Preßburg und Pest, sowie auf die Geheimberichte des Polizeiadjunkten Ferstl und einiger „Gutgesinnter“ stützte 288). Neben und nach Baron Depont hat sich Baron Menßhengen mit den ungarischen Angelegenheiten beschäftigt. Er führte eine Vormerkung der maßgebenden Reichstagsmitglieder und entwarf wiederholt Darstellungen und Betrachtungen der Geschichte der ungarischen Reichstage und der ungarischen Zustände 287). Eine besondere Vertrauensstellung hat der Praktikant des Militär - appellationsgerichtes Dr. Nikolaus Cseremiszky eingenommen, Gerichtstafelbeisitzer mehrerer ungarischer Komitate und Mitglied des ungarischen Landwirtschaftsvereines, ehemals auch Professor für ungarisches Recht am Theresianum 288). Täglich erstattete er der Staatskonferenz über den Preßburger Reichstag der Jahre 1832—36 Bericht, wozu ihn seine reichen 281) S. Brunner, Denkpfennige 35 f. 28a) F. Krön es, Aus Österreichs Tagen 40 ff. Vgl. V. B i b 1 1. c. 1, 204 ff. und H. v. S r b i k 1. c. 1, 46 j ff. 283) jj Yjjj ff Ungarn 414. 284) ii VIII, IX Ungarn 414. 285) 26 I 6 Des bords du Danube Provinzen Lomb.-Venezien 44. 2m) 37 ff 13 Vorstellung Deponts StConferenz (Ca) 208/1837; F. Reinöhl I. c. 276. 287) 27 XI 18 Gervay an Menßhengen Ungarn Comitialia h; 1827 Geschichtliche Darstellung 1. c. a; 46 II 9 Betrachtungen Provinzen Ungarn 1. 288) 45 II Vortrag F 4 Personalia 44. 4* 51