J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

III. Die Organisation der Staatskanzlei - 3. Sonderreferate

Lebzeltern Baron Bretfeld zum Zensor erhielt, ehe Gentz auch diese an sich zog213). Nach Gentzens Tod und Bretfelds Pensionierung ist Baron Menßhengen Zeitungszensor geworden. Auch Baron Hügel hat zuweilen als solcher eingegriffen. Auch die Zensur der Bücher und Broschüren ist in ähnlicher Abfolge von Lebzeltern214), Baron Bretfeld, der auch den Hofbücher- und ehemaligen Zei­tungszensor Baron Hormayr zensurierte, Baron Spiegel und Baron Menßhen­gen versehen worden. In solcher Eigenschaft hatte dieser auch über Binders Metternichbiographie, Schlesiers Gentzausgabe sowie über die Anwendung des römischen Kostüms beim Kaiser Franz-Denkmal sein Urteil zu fällen 215). Auch die große Denkschrift der Wiener Gelehrten und Literaten gegen die Zensur vom März 1845 216) hat in Baron Menßhengen ihren Kritiker gefunden, der die unpraktischen und seichten Petenten sich schon zu den Geschäften des Gesetzgebens und Regierens drängen sah und sie einer Antwort nicht für würdig hielt217). Im Jänner 1848 ist Baron Menßhengen als Vertreter der Staatskanzlei in das oberste Zensurgericht berufen worden. Nun mußte ihm die Unterfertigung der Zensurgutachten der Staatskanzlei abgenommen und Schmuttermayer übertragen werden, dem Dóré und Josef Huszár — dieser für lateinische oder ungarische Texte — zur Seite standen. Baron Depont hat nicht nur Zensurvoten verfaßt, sondern auch aphoristische Gedanken über die Zensur zu Papier gebracht oder sich sonst — so über die Schwierigkeiten einer Geschichte des Carbonarismus — gutächtlich geäußert 218). Als Zensor von Leo Thuns Schrift über die Be­deutung der böhmischen Literatur hat sich auch Baron Hügel auf diesem Felde betätigt. Der Theaterzensur widmeten sich Ignaz Brenner, Lebzeltern — dieser auch bezüglich der historischen Dramen Caroline Pichlers — und Baron Bretfeld, der denkwürdige Kritiker Grillparzers, dessen Ottokar er — in Übereinstimmung mit Gentz — weder gedruckt noch aufgeführt wissen wollte 219). Als einen Mann mit einem Brett vor dem Kopfe soll Metternich diesen Zensor verspottet haben, entfernt aber hat er ihn nicht. In besonderen Fällen — so bei der Kritik von „Grill- und Schrill-Pratzers höchst ultra­heidnischem“ Gedicht auf die Ruinen des Campo Vaccino 22°) — scheint Metternich selbst als Zensor eingegriffen zu haben. Die erste Niederschrift seines Votums ist zwar nicht erhalten, aber noch die beiden ersten Rein­schriften desselben zeigen seine verbessernden Schriftzüge neben denen Graf Mercys und Baron Deponts 221). 213) 14 II 6 Hudelist an Mett. Interiora 77; vgl. A. Winkler i. d. Festschrift d. Wiener Zeitung von 1928 8j. 21<) 13 II 22 ff. Zensurvota Notenwechsel ad Polizei 79. 215) 35 XII i, (1838), (1846) Notenwechsel ad Polizei 79. 216) S. Brunner, Denkpfennige 53; E. Bauernfeld, Erinnerungen 184 ff.; O. Rommel 1. c. 144. 217) 45 III nach n Notenwechsel ad Polizei 78; H. v. Srbik 1. c. 2, 224. 21S) (1844) Aphorismen Notenwechsel ad Polizei 78; (46 X 31) Carbonarismus Frank­reich, Varia 142. 21”) 23 XII 31 Note an Polizei Ausstellung n. 272; L. A s s i n g 1. c. 4, 17; H. Hou- b e n, Verbotene Literatur 227 ff.; H. v. S r b i k 1. c. 1. 49s ff. 2 0) H. Finke, Briefwechsel Friedr. u. Doroth. Schlegel 300; V. Bibi, Zerfall Öster­reichs i, 296 ff. 221) 19 XI 24 Vorträge 323; H. Houben 1. c. 222 f. 42

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