J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)
III. Die Organisation der Staatskanzlei - 2. Die inländische Abteilung
Auch dem zweiten nur fallweise herangezogenen Mitarbeiter, dem Freiherrn Karl von Lilien191), dem Vorkämpfer der österreichischen Postpolitik der Metternichzeit, wohnten ungewöhnliche Gaben inne. Ein Postmann mit Leib und Seele — schon Großvater und Vater waren in den Diensten der Reichspost gestanden —, war Baron Lilien bei der Regensburger Generalpostdirektion eingetreten und hatte in deren Auftrag 1803 Italien und 1805 die Schweiz bereist, ehe er 1814 als Postfachmann in den Verband der Staatskanzlei trat. Das war allerdings zunächst noch ein sehr loses, jeglicher Entlohnung entbehrendes Verhältnis, wiewohl Baron Lilien noch im selben Jahre zum österreichischen Vertreter der Postkommission des Wiener Kongresses bestimmt wurde. Zwei Jahre später ist ihm die Einrichtung des Postwesens in Lombardo-Venezien übertragen worden. Sein Lebenswerk aber wurde der postpolitische Neubau der restaurierten Monarchie, dem er von 1815 bis 1831 an die zwanzig Postverträge gewidmet hat. 1818 wurde Baron Lilien zum Vertreter der Staatskanzlei in der bei der Hofkammer errichteten Postkommission bestellt und erst nach weiteren sieben Jahren — mehr als zehn seit seinem Eintritte — ist Baron Liliens Verhältnis zur Staatskanzlei durch die Verleihung des Charakters eines Hofrates in außerordentlichen Diensten festgelegt worden. In der Mitte der Dreißigerjahre begannen zwei weitere namhafte, jedoch nur fallweise herangezogene Mitarbeiter, der Legationssekretär Josef von Stahl und der Legationsrat Moritz Graf Fries, in der inländischen Abteilung der Staatskanzlei ihre Dienste. Stahl entfaltete an der Seite des Staatskanzleirates Vesque eine sehr rege, im Feber 1846 durch die Ernennung zum Legationsrat anerkannte Tätigkeit192). Zugleich bearbeitete er im Vereine mit Hof rat Kesaer die Untertanen- und Parteisachen im Verkehr mit dem Deutschen Bund, mit der Schweiz, mit Frankreich, England, Spanien, Portugal, Belgien, den Niederlanden, mit Rußland, Polen, Schweden, Dänemark, Italien und allen außereuropäischen Staaten 193). Graf Friesens inländisches Referat war gleich dem auswärtigen Hofrat Hummelauers handelspolitischer Art und betraf vor allem den weiteren Ausbau der österreichisch-deutschen Handelsverbindungen, die Handelsschiffahrt auf der Donau, der Elbe und der Adria, den deutschen Zollverein und im besonderen den neuen, mit der Türkei abzuschließenden Handelsvertrag 194), ferner alle Angelegenheiten von Zoll und Maut, des Bank- und Eisenbahnwesens, der Industrie und der Regalien 193). Müde des Wartens auf den Hofratsrang, dem die Bedeutung seines selbständigen Referates schon längst entsprach, ist Graf Fries im Dezember 1847 aus der Staatskanzlei geschieden 195). Die übrigen fallweise herangezogenen Mitarbeiter der inländischen Abteilung der Staatskanzlei lassen sich rasch aufzählen. 1811 arbeitete der Münchner Legationsrat Karl von Dolle im bayrischen Referat der Staatskanzlei. Friedrich Graf Senfft-Pilsach, 1M) Näheres bei J. K. Mayr, Metternichs Kampf um den Auslandbrief. Postlogen und Postkurse. 19S) 46 II 24 Billett an Mett. Kabinettsarchiv, Separatbillette 149/1846. 193) 46 IV 23 Geschäftsordnung Interiora 3. 194) 41 VI 13 Neureeelung der Handelsangelegenheiten Interiora 3. 10B) 47 XII 14 Vorträge 448. 38