J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

III. Die Organisation der Staatskanzlei - 1. Die auswärtige Abteilung

Passauischer Hofkanzler und dank seiner gründlichen reichsredhtlichen Kenntnisse im Dezember 1802 Hofrat der österreichischen Staatskanzlei. Als soldier hatte Radermacher zunächst in der Rolle eines k. k. Kommissärs Passau an Bayern zu übergeben. Dann wurde er in Reichs- und Rheinbund­angelegenheiten verwendet61 62 *) und im November 1809 zum Chef der zweiten Sektion bestellt. Auf dem Wiener Kongresse saß Radermacher im deutschen Komitee, später auch in der Kommission über die Zuteilung des Herzogtums Bouillon. 1816 wurde er zum Direktor des Haus-, Hof- und Staatsarchivs bestellt, zugleich aber als Schiedsrichter in die Pariser Liqui­dierungskommission entsendet, der er bis 1819 angehörte. Im April 1827 ist Radermacher als Direktor des Haus-, Hof- und Staatsarchivs ge­storben B2). Den nächsten Rang hat Graf Andreas Florimund von Mercy83) eingenommen, der seine Laufbahn in der französischen Armee begonnen hatte, 1794 nach Österreich ausgewandert und 1802 in die Hofkammer eingetreten war64). Hier fand Graf Mercy, selbst einer alten, um das habsburg-lothringische Haus hochverdienten Familie ent­stammend — ein Onkel hatte später das Erzbistum Bourges inne —, Ein­gang in den Kreis der gräflich Stadionschen Familie und durch diese in Österreich sein zweites Vaterland. Erst spät hat er diese Beziehungen durch die Vermählung mit der Gräfin Maria Anna Stadion, einer Schwägerin des bekannten österreichischen Staatsmannes, bekräftigt56). Im August 1814 ist Graf Mercy als Hof rat in den Dienst der Staatskanzlei getreten — der einzige, dessen Zulassung Kaiser Franz damals genehmigt hat. Auch die Beibehaltung der Hofkammerzulage von 1000 fl. war ein ungewöhn­licher Vorgang. In der Staatskanzlei wurden Graf Mercy die geheimen Gegenstände und die politischen Korrespondenzen mit England, Spanien, Portugal, Italien, der Schweiz und — von den deutschen Bundesangelegen­heiten abgesehen — mit Bayern, Württemberg und Baden anvertraut58). Auch die Abfassung offizieller Privatschreiben der Kaiserin und der Erzherzoginnen lag in Graf Mercys Händen. Bald gehörte er zu den vertrautesten Mit­arbeitern des Staatskanzlers, in dessen Gefolge er die Kongresse von Aachen, Karlsbad, Laibach und Verona und 1823 die Czernowitzer Zusammenkunft zwischen Kaiser Franz und dem russischen Zaren Alexander I. besucht hat. Die Krankheit, die damals Metternich in Lemberg „in einem der wichtig­sten Verhältnisse der Zeit“ darniederwarf, hat Graf Mercy Gelegenheit zu besonders nützlichen Dienstleistungen gegebenB7). Ein Feind allen Pomps und ein pflichtgetreuer, aber trockener Beamter, an dem die Fürstin Melanie Gentzens munteres Wesen so sehr vermißte, ist Graf Mercy im Oktober 1840 im 69. Lebensjahre gestorben. Als dritter im Range der Hofräte ist zwei Jahre nach dem Grafen Mercy der Freiherr Kaspar Spiegel zum Diesenberg in die Staatskanzlei eingetreten. Er entstammte einer der ersten Familien Westfalens — ein 61) 12 XI Personalia 24; 17 XII 17 Radermadier an Mett. Frankreich, Varia 90. 62) 19 XI Personalia 24; 27 IV 11 Bericht Knechtls Archiv ad 1. “) C. Wurzbach 1. c. 17, 393. M) 19 XI Personalia 24. r'6) 39 I 8 Testament Personalia 12. M) 16 VIII 27 Organisierung Interiora 2. 57) 23 X 20 Vorträge 359. 18

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