J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)
III. Die Organisation der Staatskanzlei - 1. Die auswärtige Abteilung
Referat die Korrespondenz mit dem ganzen Orient zu bearbeiten hatte 4Ö). In Kurrent- und Parteisachen aber lagen diese Korrespondenzzweige innerhalb des Aufgabenkreises der inländischen Abteilung. B. Die Beamten. a) Der Staats- und Konferenzrat. Ein Staats- und Konferenzrat als Chef der auswärtigen Abteilung, wie ihn die inländische ständig besaß, ist im Jänner 1814 vorübergehend ins Auge gefaßt, aber erst viel später — um eine Rangstufe höher und nur auf kurze Dauer — bestellt worden. Es war Metternichs nicht unbedenkliche Erkrankung, die ihn im August 1839, in einem Zeitpunkte starker internationaler Spannungen, überraschte und einen Stellvertreter — vor allem in der Leitung der auswärtigen Abteilung — erforderlich machte. Das konnte aber, wie die Dinge lagen, nicht der Staats- und Konferenzrat der inländischen Abteilung Baron Ottenfels sein 47). Es wurde daher der kaiserliche Botschafter am Zarenhofe Feldmarschalleutnant Karl Graf Ficquelmont, der sich eben auf Urlaub in Wien befand und in der Staatskanzlei arbeitete, zum Staats- und Konferenzminister ernannt, wobei ihm — seiner Charge entsprechend — neben den hochpolitischen Dienstgeschäften auch die Militärangelegenheiten zugewiesen wurden48). Die Wichtigkeit dieses Postens, der dem eines Hof- und Staatsvizekanzlers entsprach — man wollte ihn ja auch zunächst so benennen —, drückte sich auch in dem damit verbundenen, ungewöhnlich hohen Gehalte (18.000 fl., dazu eine Personalzulage von 22.000 fl.) aus. Die gewöhnlichen diplomatischen Verhandlungen lagen gleich der Korrespondenz mit den inneren Behörden in Baron Ottenfels’ Händen, die orientalischen Angelegenheiten aber, die wichtigsten des damaligen Zeitpunktes, waren schon im September 1839 ganz unter Graf Ficquelmonts Leitung gestellt49). Alle Weisungen nach St. Petersburg, Paris, London und Berlin hatte Graf Ficquelmont „im Aufträge des Hof- und Staatskanzlers“ zu unterfertigen. Auch die Weisungen nach Konstantinopel fielen, wiewohl sie Baron Ottenfels Unterzeichnete, dennoch in den Wirkungskreis des Grafen Ficquelmont. Später hat er sich meist außerhalb der Staatskanzlei auf militärischem Felde betätigt und erst nach Metternichs Rücktritt einige Wochen lang das österreichische Außenamt geleitetB0). b) Die Hofräte. Unter den Hofräten der auswärtigen Abteilung stand, als Metternich an die Spitze der Staatskanzlei trat, Franz Radermacher im obersten Range. Er stammte aus Koblenz, das er 1797 verließ, um sich in kurtrieri- schen Diensten zum Rastatter Kongreß zu begeben. Später wurde er ,ö) Das fünfte — polizeiliche — Referat ist im Zusammenhänge unten behandelt. ,7) 39 VIII 19 Vorträge 426. ,8) 40 X 4 Billette an Mett. Vorträge 430; H. v. Srbik 1. c. 2, 25. 49) 39 IX 6 Vorträge 426. “O E. Castle, Tagebuch Löwenthal (Hist. Blätter 3) 506; Fr. Frh. v. Andlaw, Tagebuch 2, 104. 2 17