J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

V. Gentz und Metternich - 2. Metternich

lichen Privatkasse empfangen hatte, vom geheimen Kammerzahlamte und den Besoldungsbeitrag von der Staatskanzleikasse. Bei dieser wurden vom Verwaltungsjahre 1830 an alle Gehaltsbezüge vereinigt815), so daß sie sich nun, jedem Eingeweihten sichtbar, in ihrer vollen Höhe darstellten. Sie übertrafen den Gehalt der Staats- und Konferenzräte um das Zehnfache, den der Hofräte um das Zwanzig- bis Fünfundzwanzigfache, den der Offiziale um das Hundertfache. Auf Dienstreisen — während der Feld­züge der Jahre 1813—i8ij und auf den zahlreichen Kongressen — bezog Metternich, wenn er verwickelten Reiserechnungen ausweichen wollte, Gehaltszuschüsse von 4000 fl., im Bedarfsfälle auch Tafelgeldzulagen von 1500 fl. monatlich. Man muß sich die gewaltigen, auf Metternich lastenden Repräsenta­tionspflichten — ein ständig offenes Haus für Dutzende von Gästen, Gartenfeste mit Hunderten von Schauspielern u. dgl. m. —, die vom Vater übernommene drückende Schuldenlast, die kostspielige Ausgestaltung seiner Güter zu Musterwirtschaften 816) und nicht zuletzt seine Unfähigkeit — wie Kolowrat meinte —, den Wert des Geldes zu beurteilen, vor Augen halten, um zu verstehen, daß Metternichs Vermögensverhältnisse — zumal während der ersten Jahre seiner Kanzlerschaft — so unausgeglichen ge­wesen sind 817), daß er sich nicht selten in peinlichen Geldverlegenheiten befunden hat. In solchen Fällen hat er sich — wohl mit stillschweigender Genehmigung des Kaisers — durch kurzfristige Staatsdarlehen zu helfen gesucht. Es geschah dies mittelst persönlicher Quittungen 818 * *), die auf die Staatskanzleikasse lauteten, „als bar anzusehen“ waren und in die Kassen - journale nicht eingetragen wurden. Sie galten gewissermaßen als Wert­papiere, für die das Haus Metternich haftete. Das war ein so ungewöhn­licher Vorgang, daß man sich auch außerhalb der Staatskanzlei davon erzählt hat. Noch nach zwanzig Jahren sind Niebauer „vernichtende“ Urteile hierüber zu Ohren gekommen. Gerüchte solcher Art mögen Hormayr dazu veranlaßt haben, von einer von Kaiser Franz für Metter­nich ausgestellten carte blanche zu phantasieren, die die geheime Kabinetts­kasse dreizehn Millionen Gulden gekostet haben soll 81B). In manchen Fällen mögen die in den von Kaiser Franz selbst über­prüften Ausweisen der geheimen Auslagen der Staatskanzleikasse 82°) ver- zeichneten, auf Metternichs Namen lautenden Summen nicht so sehr dienstliche, als vielmehr private Vorschüsse gewesen sein. Dies war bei den Darlehen der Fall, die Kaiser Franz seinem verdienten Staatskanzler zu wiederholten Malen gewährt hat. Eine erste, auf den Gutsbesitz seiner Gemahlin sichergestellte Aushilfe von 30.000 fl. ist Metternich schon 1807, während er noch Botschafter in Paris war, zuteil geworden. Zwanzig Jahre später hat sie ihm Kaiser Franz durch Abschreibung zum Geschenk 815) 30 XI 12 Besoldungsausweis Personalia 12. 8le) Aus Mett.s nachgel. Papieren 3, 293; P. T u r n b u 11, Reisen durch österr. 54 f.; 20 VI 26 Vorträge 327. 817) F. An dl a w, Tagebuch 175. 818) Beispiele in Interiora 6 j. 81#) 43 I 31 Bericht Niebauers Interiora 72; E. Vehse 1. c. 10, 28 Í. 82°) 09 III 8 ff. Ausweis über die geheimen Auslagen Interiora 68. 141

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