J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

III. Die Organisation der Staatskanzlei - 1. Die auswärtige Abteilung

1. Die auswärtige Abteilung. A. Das Amt. So offen lagen die Schäden, die die Staatskanzlei infolge der Kriegs­ereignisse des Jahres 1809 erlitten hatte, zutage, daß Metternich noch in Totis einen Organisationsplan entworfen hat 31), der die Staatskanzlei auf neue Grundlagen stellte. Und so „unendlich viel“ lag ihm daran, daß er Kaiser Franz schon nach drei Tagen — am 14. November 1809 — zur Genehmigung seines Entwurfes zu bewegen vermocht hat. Schon im Feber 1810 unterschied sich, wie Gentz bemerkte32), der neue Geschäftsgang sehr vorteilhaft von dem noch unter Stadion üblichen alten. Die auswärtigen Geschäfte waren auf drei Sektionen verteilt. Der ersten Sektion — dem Ministerialbüro im engeren Sinne — war die politische Korrespondenz mit Frankreich, Rußland, England, Preußen, Spanien und Italien anvertraut, der zweiten Sektion die mit den Rheinbundstaaten und der Schweiz, mit Schweden, Dänemark, Holland, Portugal und Neapel, der dritten Sektion die mit der Pforte und den Agenten in der Levante sowie mit Sizilien und Sardinien, die Konsulats- und Marineangelegenheiten, die Geschäfte des Hof- dolmetschs und die Aufsicht über die Orientalische Akademie. In belang­reichen Fällen — solchen nämlich, die weder Kurrent-, noch Personalange­legenheiten betrafen — zog die erste Sektion, in deren Bereich die hohe Politik im besonderen lag, die Obliegenheiten der zweiten Sektion an sich. Auch waren ihr als Ministerialbüro alle geheimen Gegenstände anvertraut. Diese großzügige, auf eine lange, durch Maria Louisens Vermählung — wie man hoffte — begründete Friedenszeit 33) berechnete Organisation blieb indes nicht lange unangefochten. Sie erregte den Unwillen des Präsi­denten des Generalrechnungsdirektoriums Baldacci, den Erzherzog Johann als einen „rasenden, gallsüchtigen Menschen“ bezeichnet hat 34). Weit hatte ihm Metternich damit über die Schnur gehauen und wenn nicht die Dienste wegen der Beamten, sondern die Beamten wegen der Dienste da waren, dann mußte er entweder die Sektionen vermindern oder die Beamten mehreren Sektionen zuteilen35). Aber auch Metternich nahm gar bald Lücken und Mängel wahr, die sich aus der getrennten Bearbeitung eines und desselben, mit verschiedenen Höfen verhandelten Gegenstandes ergaben. Er ließ daher schon nach wenigen Jahren — wie dies praktisch sogleich so gehandhabt worden war — die dritte Sektion mit der ersten ver­einigen. Damit gehörten alle Gegenstände der „eigentlich höheren, rein politischen“ Korrespondenz der ersten Sektion, der zweiten aber alle übrigen politischen Gegenstände — vornehmlich die Kurrent- und Personal­angelegenheiten 36) — zu. In diesem Stadium ihrer Organisation hat die auswärtige Abteilung den Wiener Kongreß bestritten. Sie bildete ein von Gentz und Wacken geleitetes 31) 09 XI 13 Organisierung Interiora 1; Aus Mett.s nachg. Pap. 2, 315 ff. 32) A. Fournier, Gentz und Wessenberg 36. 33) 10 IV 30 Instruktionen 5. 34) F. Krön es, Österreichs Tage 133; vgl. auch F. K rones, Zur Gesch. Öster­reichs 1792—1816 235 f. 36) 09 XII 29 Gutachten Baldaccis Kabinettszahl 2279/1809. **) 1811 Organisationsmängel Interiora 2. 14

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