J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)
V. Gentz und Metternich - 1. Gentz
Gentz und Metternich. 1. Gentz726). A. Stellung. Dem Bilde, das am Schlüsse von Metternich als Leiter der Staatskanzlei entworfen werden soll, wird hier noch das des Hofrates Friedrich von Gentz vorangestellt, Metternichs bedeutendsten Mitarbeiters, der gleich diesem einer zusammenfassenden Schilderung seiner amtlichen Wirksamkeit bedarf. Von Prag her ist Gentz, der Breslauer Protestant und preußische Kriegsrat — seit 1802 als Journalist zunächst mehr denn als Politiker in österreichischen Diensten und ein Anhänger Metternichs —, der sich bis 1806 in Wien aufgehalten, dann aber infolge ungenügender Beschäftigung die Residenz mit der böhmischen Landeshauptstadt vertauscht hatte, Ende Feber 1809 nach Wien zurückgekehrt, woselbst er sich in seinem Staatskanzleibüro der Ausarbeitung des Kriegsmanifestes widmete. Der Krieg führte ihn über Ofen und Totis nach Prag zurück, das er nach einem neuerlichen Zwischenaufenthalte in Wien erst im November 1810 dauernd verlassen hat 726). Solange Gentz — seit September 1802 — die Stelle eines Staätskanzleirates innehatte, waren seiner politischen Tätigkeit noch enge Schranken gezogen, wenn er sich auch — wohl zum Zwecke der Erweiterung seiner Befugnisse — des Hofratstitels schon viele Jahre vor der Verleihung des Hofratscharakters bedient hat, so daß diese im September 1813 nur unter entsprechenden Vorsichtsmaßregeln verlautbart werden konnte 727). An die Stelle einer Gehaltserhöhung — er blieb nach wie vor bei 4000 fl. jährlich stehen und entbehrte zudem des Quartiergeldes — trat schon damals eine außerordentliche geheime Gehaltszulage von 2000 fl. Den Hofratscharakter hat Gentz als eine Befreiung aus drückenden Banden empfunden. Nun erst war er als allgemein verwendbar anerkannt zu allen Geschäften brauchbar, nun erst stand ihm die österreichische Ämterlaufbahn offen 728). 1814 kam — wohl mit Rücksicht auf den bevorstehenden Wiener Kongreß — als eine besondere Auszeichnung das Recht, die Uniform der ordentlichen Hofräte der Staatskanzlei zu tragen, hinzu, um das sich Gentz schon im September 1813 beworben hatte. Die Aufnahme seines Namens in das Staatshandbuch hat sich Gentz durch Pilats Vermittlung erst 1824 erkämpft 729). 725) A. Winkler, Gentz u. d. Wiener Zeitung (Festschrift von 1928) 62 ff. und Gentz, sein Werk und seine Sendung (Wiener Zeitung vom 9. 6. 1932). 72e) K. Varnhagen, Tagebücher Gentzens 67 ff.; E. G u g 1 i a 1. c. 138, 222 ff. 727) F. Wittichen 1. c. 3/1, 147 f. 728) K. Mendelssohn-Bartholdi 1. c. 1, 97. 729) 14 IX 12 Dekret Interiora 95; F. Wittichen 1. c. 3/1, 169 f.; K. Mendels- s o h n - B a r t h o 1 d i 1. c. 2, 18. V. 128