J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

IV. Der Beamtenkörper der Staatskanzlei - 3. Materielle Verhältnisse

Falle eine Hinterlassenschaft von 70.000 fl. als unbedeutend bezeichnet hat 719). Dennoch müssen die Beispiele, die wir kennen, zu denken geben. Bei dem Archivar Hypschle überstiegen 1815 die Krankheits- und Leichen­kosten den Wert seines Möbelnachlasses. Hofrat Perin hatte 1825 „kein bißchen Vermögen“, so daß er sich die Kosten eines Kuraufenthaltes bei Freunden ausleihen mußte. Hofrat Swieteczky richteten seiner Angabe nach häusliche, mit ungeheuren Ärztehonoraren (bis zu 2000 fl.) verbundene Unglücksfälle und der Andrang mittelloser Verwandter zugrunde; als er 1836 achtzigjährig starb, lagen die Dinge nicht anders als bei Hypschle vor zwanzig Jahren. Audi Spengler, einer der reichstbedachten, nicht viel hinter Franz Anton Kesaer zurückbleibenden Offiziale, hat 1829 „notorisch kein oder nur sehr wenig Vermögen“ hinterlassen. Auch bei dem Staatskanzlei­rat Johann Schweiger deckte 1845 das Vermögen kaum die Leichenkosten. Verhältnisse solcher Art trieben die Beamten der unteren Ränge — wollten sie den sonst üblichen Abwegen, den Versatzämtern, dem Lotto­spiel, der Veruntreuung und der Bestechlichkeit, entgehen 72°) — zu Neben­beschäftigungen aller Art, die seit den Vierzigerjahren allgemein zugelassen waren. Wer Gelegenheit hatte — so Pilat und Zedlitz —, versuchte sich als Zeitungsberichterstatter. Andere gaben Unterrichtsstunden. Der Kanzlei­kaplan Landi unterrichtete 1814 Maria Louise und den Prinzen von Parma im Italienischen721), Hülsemann in den Zwanzigerjahren den portugiesi­schen Infanten Dom Miguel in Geschichte, Staats- und Völkerrecht, Dóré seit der Mitte der Dreißigerjahre die Söhne Franz Karls im Französisdien, Hoze de Feria erteilte 1813 Unterricht im Schönschreiben und in Geschichte, Geographie und Französisch, Sauerwein 1846 in der Musik, auch Mozart mußte 1835 durch Stundengeben sein Brot verdienen. Daß die Amtsob­liegenheiten darunter litten, wissen wir im Falle Dorés, der seine Sprach- stunden den Amtsstunden gleichsetzte, und wird auch von Beidtel be­stätigt 722). Das Erträgnis der Sprachstunden kann an dem Beispiele Adalbert Stifters, dem der Unterricht des Prinzen Richard Metternich 25 fl. monat­lich einbrachte 723), abgeschätzt werden. Fissko leistete 1842 dem rumäni­schen Fürsten Sturdza Sekretärsdienste. Duchateaus Töchter vermehrten 1812 durch Handarbeiten das väterliche Einkommen. Andere Beamtentöchter verdingten sich als Dienstboten oder sanken noch tiefer herab 724). 710 710) 30 I 4 Vortrag F 4 Personalia 210 (Stürmer). 72°) J. Marx 1. c. 252!. 7S1) 14 VI j, 6 Hudelist an Mett. Interiora 78, 74. 732) 39 XII 15 Mercy an Mett, acta secreta n. 544 in Fz. 6; Beidtel-Huber 1. c. 2, 180. 72S) G. W i 1 h e 1 m 1. c. 17, 374. 704) Beidtel-Huber I. c. 2, 114, 257 f. 127

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