J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)
IV. Der Beamtenkörper der Staatskanzlei - 3. Materielle Verhältnisse
er — eingedenk der ihm vom Staate so reichlich gewährten Geldmittel — den Kunstsammlungen desselben vermachte713). Erstrangig war auch Bretfelds Münzen- und Siegelsammlung, an der er sich zu einem auch im Auslande geschätzten Numismatiker entwickelte. Und just seine münzkund- lichen Interessen haben, als sich sein Geist umnachtete, am längsten standgehalten. Die aus staatlichem Besitz stammenden Siegelstempel seiner Sammlung sind dem Staatsarchiv übergeben worden 714). Nicht an materielle Voraussetzungen gebunden waren Bretfelds Arbeiten zur böhmischen Landesgeschichte — eine historische Darstellung der böhmischen Landtage und ein Abriß der Geschichte des Leitmeritzer Bistums —, über die Baldacci die volle Schale seines Spottes ausgoß: nur für Gelehrte von Rang und nicht für Protektionskinder und Schriftsteller, deren Werke kaum jemand kennt, sei der Leopoldsorden bestimmt 715). Bucholtz hat, wie oben erwähnt, als Biograph Ferdinands I. Denkwürdiges geleistet. Vesque hat gediegene, international anerkannte juristische Abhandlungen geliefert. Mähler widmete sich der Malerei und der Musik. Vesque und Krufft waren gleich berühmt als Komponisten wie als ausübende Musiker. Jener zählte zu den Freunden Franz Schuberts, dieser errang durch sein Klavierspiel allgemeine Bewunderung, in der Heimat sowohl als auch auf allen Reisen, die er in Metternichs Gefolge unternahm. Einer späteren Konfidentennachricht zufolge soll Vesque durch seinen Gesang die Aufmerksamkeit der Fürstin Melanie erregt haben und über den Salon des Staatskanzlers in die Staatskanzlei eingeführt worden sein 716). Die Lebensführung der Staatskanzleibeamten zeichnete sich, wenn man ihren Beteuerungen trauen darf, durch große Zurückgezogenheit in „pflichtgemäßer Abgeschiedenheit“ aus, die sie um allen Lebensgenuß und um jede gesellschaftliche Erholung brachte. Die Finanzbehörden haben allerdings nicht daran glauben wollen und damit wohl auch das Richtige getroffen. Das Standesniveau war naturgemäß hoch. Die ganze Stadt hat Hofrat Brenner zum Zeugen seiner bescheidenen Lebensweise angerufen und doch in einem Atem von Erziehern und Erzieherinnen, von Lehrern, Meistern und Dienerschaft als etwas Selbstverständlichem gesprochen 717). Der hohe Fuß der Lebensführung, die der badische Diplomat Baron Andlaw aus nächster Nähe als genießerisch und gedankenlos kennen gelernt hat718), mag sich im Verein mit der ungeheuren Höhe der Mietzinse, die Gentz 1814 mit mindestens 2000 fl. jährlich bezifferte, zumal in Teuerungszeiten und kritischen Wirtschaftsepochen verheerend ausgewirkt haben. Darauf deutet die Tatsache hin, daß nicht wenige Staatskanzleibeamte — auch solche, deren Dukatenpräsente eine außerordentliche Höhe erreichten — vermögenslos gestorben sind. Gewiß wird da von seiten der Hinterbliebenen etwas übertrieben worden sein, wie ja auch Metternich in einem solchen 713) 21 VII 21 Vorträge 335. 714) 30 VII 19 Vorträge 387; 35 X 21 Parere über Bretfelds Geisteszustand Personalia 2; 44 IV 30 Niederösterr. Landredit an Polizei F 4 Personalia 23 (Bretfeld). 715) ii VI 22 Vortrag Personalia 2 (Bretfeld); Kabinettszahl 1539/1811. 716) Joh. Vesque v. Püttlingen. Eine Lebensskizze; österr. Nationalencyklop. 3, 300, acta secreta n. 573. 717) 20 V 7 Eingabe Brenners Personalia 2. 7ls) Tagebuch 2, 201 ff., 272 f. 126