J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

IV. Der Beamtenkörper der Staatskanzlei - 3. Materielle Verhältnisse

gungen der Staaten“ und von erheblichem Nutzen, wenn „bei solchen Ge­legenheiten einflußreichen Gliedern fremder Regierungen auf eine unge­suchte Art günstigere Gesinnungen eingeflößt“ und vorteilhaftere Aus­legungen der abgeschlossenen Staatsverträge erreicht werden konnten 894). Der Schlüssel, nach dem die Kanzleipräsente verabfolgt wurden, wech­selte mit der Zeit. Kaunitz beschränkte sich darauf, Jahr für Jahr 2000 fl. an die unteren Beamten austeilen zu lassen. Thugut hat die einlaufenden Kanzleipräsente von Zeit zu Zeit in beliebigen Beträgen an sämtliche Kanzleimitglieder — die Hofräte ausgenommen — im allgemeinen gleich­mäßig verteilen lassen. Unter Cobenzl ruhten diese Bezüge. Stadion hat alle Kanzleipräsente sogleich und ungeschmälert austeilen lassen, wobei die ausfertigenden Offiziale, das Expedit und die Registratur höher bedacht waren als die übrigen Beamten (die Hofräte noch ausgenommen). Metternich hat den Kreis der Empfänger auf die Beamten der bisher ausgeschlossenen inländischen Abteilung, auf die außerordentlichen Mitglieder der Staats­kanzlei, selbst auf das Personal der jeweils besonders befaßten Missionen und auf die Hofräte erstreckt. Von 1820 an wurden alle Kanzleimitglieder gleichmäßig beteilt, wodurch die Vorrechte der Beamten der auswärtigen Sektion sowie der Offiziale und der Hilfsämter aufgehoben wurden 695). Jenen konnten die Kanzleipräsente strafweise geschmälert werden 898). Kassa und Archiv sind nur ein einziges Mal — anläßlich des Goldregens von Neu­jahr 1818 — miteinbezogen worden. Nur der Kassenoffizial ist auch später noch vereinzelt bedacht worden, die Archivbeamten niemals wieder. Kassa und Archiv lagen, wie oben erwähnt, außerhalb des Staatskanzleigebäudes; das mag ihre Zurücksetzung veranlaßt haben. Die Kabinettskuriere sind niemals bedacht worden. Wie viel diese Kanzleipräsente für den einzelnen bedeuteten, läßt sich an dem Beispiele des Registrators Franz Anton Kesaer, dem sie — von den letzten fünf Auszahlungen der Jahre 1827—1844 abgesehen — zur Gänze zuteil geworden sind, gut verfolgen. Kesaer, dessen Gehalt und Quartiergeld zusammen 2900 fl. jährlich ausmachten, bezog — die Dukaten in Gulden umgerechnet — 1812 887 fl., 1814 743 fl., 1815 1278 fl., 1816 i6oofl., 1817 — die Neujahrsauszahlung noch eingerechnet — 5925 fl., 1818 513 fl., 1819 582 fl., 1820 1260 fl., 1822 666 fl., 1823 681 fl., 1824 517 fl., 1825 166 fl. und 1827 63 fl. Das sind rund 11, 30, 25, 44, jj, 204 (!), 18, 20, 43, 23, 23, 17, 6 und 2 Prozent seiner ordentlichen Jahresbezüge. Im ganzen hat Kesaer von 1812 bis 1827 fast 15.000 fl. eingenommen, wiewohl er an den Staatsverträgen und Ehepakten dieser Jahre keinerlei wesentlichen An­teil genommen hat. Angesichts dieser gewaltigen Ausmaße der Kanzlei­präsente ist es unschwer zu verstehen, daß sich der politische Kanzlei direktor Hoppé aus den ihm während eines Vierteljahrhunderts zugekommenen Kanzleipräsenten eine Sammlung von Pretiosen und Kunstwerken hat an- legen können, die die Bewunderung ganz Europas erregte 697). Begreiflich auch, daß die Staatskanzleibeamten diesen Kanzleipräsenten ihre volle Aufmerksamkeit widmeten. Sie sprachen sie als eine ihnen „seit den ältesten ***) ***) 2 j V 19 Vorträge 357. m) Notiz Lebzelterns Interiora 35. <m) 18 I 6 Mett, an Hudelist Interiora 80. 21 VII 21 Vorträge 33s. 122

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