J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

IV. Der Beamtenkörper der Staatskanzlei - 2. Besonderheiten

Staatsrates — aber ohne besonderes Hofdekret wie diese — zu erfreuen hatte 661). Ein Vorrecht aber ganz außerordentlicher Art, das keiner Hof stelle zukam, war die bis auf Kaunitz zurückreichende Begünstigung, daß kein Beamter, der nicht selbst darum einkam — Bestrafungen oder Geisteskrank­heiten, wie im Falle Bretfeld, natürlich ausgenommen —, in den Ruhestand versetzt werden konnte. Er blieb vielmehr lebenslang in dem ungeschmäler­ten Genüsse seines Gehaltes und ließ die jüngeren Kollegen für sich arbeiten. Man enthob ihn vom Dienste und war schon zufrieden, wenn er fallweise mit seiner Erfahrung aushalf. Auch Krankheitsfälle — und mochten sie selbst Jahre lang dauern — führten zu keiner Pensionierung 662). So erklären sich die ungewöhnlich langen Dienstzeiten einzelner Beamter, gleichviel ob sie zur Gänze oder nur zum Teile im Verbände der Staats­kanzlei zurückgelegt waren. Der Zahlmeister Hortig diente mehr als siebzig, der Hofsekretär Tassara vierundsechzig, der Registrator Franz Anton Kesaer zweiundsechzig, der Kanzleidirektor Swieteczky sechzig Jahre lang. Der Hof Sekretär Johann Philipp Dilg, ein Veteran der alten Reichshof­kanzlei, hat sich bis über die Märzrevolution hinaus auf seinem Posten gehalten. Hofrat Brenner erreichte fünfundfünfzig, der Staatskanzleirat Johann Schweiger vierundfünfzig, Hofrat Perin fünfzig Dienstjahre. Archivar Zanetti schloß mit achtundvierzig, der Staatskanzleirat Casaqui mit siebenundvierzig, der Staats- und Konferenzrat Lebzeltern und Hofrat Karl Kesaer sen. mit sechsundvierzig, der Expeditor Urban Josef Obermayer mit fünfundvierzig, Hof rat Wacken und der Staats- und Konferenzrat Otten- fels mit vierundvierzig und der Hofrat Valentin Huszár mit zweiundvierzig Dienstjahren ab. Das hing z. T. auch mit den Sprachkenntnissen zusammen, über die die Beamten der Staatskanzlei naturgemäß in besonderem Ausmaße verfügten. Zwar sollen sie — wenn man Werner Glauben schenken darf, den Prokesch einmal als einen kleinlichen und engstirnigen Maulredner, Heuchler und Sdtmeichler bezeichnet hat 683) —, zumal im Französischen viel zu wünschen übrig gelassen haben: kaum einem Staatskanzleibeamten — so vertraute er sich im Jänner 1849 dem Fürsten Felix Schwarzenberg an 66<) — könne die Abfassung einer französisdien Depesche ohne Besorgnis überantwortet werden. Ihre Sprachkenntnisse erstreckten sich — von der englischen Sprache abgesehen, die nur wenige Auserwählte (Bretfeld, Swie­teczky, Depont, Gentz und Hummelauer) beherrschten — über die meisten europäischen Sprachen. Kenner der slavischen Sprachen — des Polnischen zumal und des Tschechischen — waren dünn gesät. Italienisch verstanden viele, Latein beherrschten vor allen die Registratoren, denen einer alten Übung entsprechend die Abfassung der lateinischen Aktenstücke oblag. Die besondere Wichtigkeit der der Staatskanzlei anvertrauten Gegenstände — der Staatsverträge zumal und aller das Kaiserhaus betreffenden Akte 66 66‘) 25 XI 2 Vortrag der Hofkammer Staatsrat 7471/1825; 26 VII 17 Vorträge 363; 26 IX 4 Vortrag der Hofkammer Staatsrat 5518/1826. ®62) 26 VII 17 Vorträge 363; (1837) Megerle v. Mühlfeld über die Errichtung der Staatskanzlei StConferenz (Ca) 1959/1837. 663) Aus den Tagebüchern des Grafen Prokesdi-Osten 160. 664) 49 I 9 Gutachten Werners Polit. Arch. Organis, d. Minist, d. Ä. 1849—So. 114

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