J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)
IV. Der Beamtenkörper der Staatskanzlei - 2. Besonderheiten
Hofstelle gleich den übrigen Zentralbehörden wollte diese grundsätzlich nicht gelten. Schon ihre erste Organisation erhob sie über die Hofstellen und stets galt die Staatskanzlei als ein von den Hofstellen verschiedener, mit allerlei Vorzügen versehener Behördenkörper. Man hielt sie sogar dem Hofstaate gleich, ja man beanspruchte für sie zuweilen den Rang der ersten Amtsstelle der ganzen Monarchie. Zum mindesten aber durfte die Staatskanzlei wenn schon nicht besser, so doch nicht schlechter als das bestgestellte Hof- oder Staatsdepartement gehalten sein. In allen Punkten — das galt als Grundgesetz und als ein schon von Maria Theresia gewährtes Vorrecht — war die Staatskanzlei dem Staatsrate gleichgestellt, der wie sie „ein ganz abgesondertes, rein moralisches Feld“ bearbeitete °56). Kurz vor dem Ende der Kanzlerschaft Metternichs ist diese Gleichstellung auch auf die Dienerschaft der Staatskanzlei erstreckt worden. Ganz unbestritten hat sich die Staatskanzlei dieses Vorranges, der nach außen hin durch den Doppeladler auf den Uniformknöpfen der Beamten — des Staatsrates nur, der Staatskanzlei und des kaiserlichen Kabinettes — zum Ausdrucke kam6B7), nicht erfreuen dürfen. Selbst Kaiser Franz wollte den Staatskanzleibeamten angesichts ihrer sonstigen „Genüsse und Emolumente“ keine weiteren Vorzüge einräumen und der Staatsrat tat ein übriges, um diese Stimmung des Monarchen wach zu erhalten und sich dadurch — wie man in der Staatskanzlei argwöhnte — für Metternichs Übergewicht schadlos zu halten 658). Dieser Mangel an kaiserlichem Wohlwollen kam besonders bei der Besoldung der Hofräte der Staatskanzlei zum Ausdruck, die sich durch Beisetzung eines zweiten Titels — geheime Staatsoffiziale — über die Hofräte der Hofstellen emporzuheben gedachten. Damit stellten sie sich aber außerhalb des Rahmens des sogenannten Konkretualstatus derselben, der diesen zur Hälfte und — was ein besonderes Vorrecht bedeutete — bei ungleichen Teilen zur größeren Hälfte die Höchstbesoldung von 5000 fl. statt 4000 fl. zugestand. Als nun Metternich auch für die Staatskanzleihofräte um diese Begünstigung einkam, da gewährte sie ihnen Kaiser Franz wohl, jedoch nur zur geringeren Hälfte und verteidigte diese den Staatskanzleihofräten nachteilige Entscheidung mehrere Jahre hindurch mit größter Zähigkeit 659). Die Vorzugsstellung der Staatskanzlei kam auch bei der Bemessung der Witwenpensionen zum Ausdruck, die sich seit 1765 nach den Ausmaßen der Bezüge der Staatsratswitwen richteten und in den höheren Rängen joo—1000 fl. jährlich, in den unteren das Beamtengehaltsdrittel vermehrt um den dritten Teil desselben betrugen 68°). Nicht unbestritten auch, doch aber am Ende erfolgreich vermochte die Staatskanzlei die Befreiung der Beamtengehälter von allen Taxen — Karenz-, Charakter- und Quartiergeldtaxen — zu behaupten, deren sie sich gleich den Beamten des °56) io XI 25 Kanzleivortrag Vorträge 276; 24 VIII 28 Mett, an Stürmer Interiora 83; 26 III 6 Vorträge 362; 43 VII Bericht des Kanzleidirektors Interiora 91. ’ 657) 41 I 31 Promemoria Reinharts Verwaltungsakten des Staatsarchivs 8/1841. 058) 16 XII 12 Vorträge 303; 26 VIII 22 Lebzeltern an Stürmer Große Korr. 482. 659) 24 XI 6 Vortrag der Hofkammer Staatsrat 7380/1824; 26 III 6, VII 17 Vorträge 362, 363. 6eo) (1811) Pensionssachen Interiora 2; 15 IX 28 Kanzleivortrag Vorträge 294. 8 113