J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)
IV. Der Beamtenkörper der Staatskanzlei - 2. Besonderheiten
gelegt hat, deren ersten Band er der Fürstin Melanie besonders verehrte, gewann ihm Metternichs Zuneigung vollkommen. Hurters Konversion folgte seine Bestellung zum Historiographen Kaiser Ferdinands II. nach. Jarcke hat den Vortrag, den Metternich hierüber dem Kaiser erstattete, entworfen, der Staatskanzler ihn gelesen und ergänzt 644). Mit i. Juli 1845 ist Hurter — geheim vorerst noch — in die Bezüge eines Hofrates der Staatskanzlei getreten, eine Anstellung, die dem Münchener Nuntius einem Glaubensbekenntnis Metternichs gleichzukommen schien. Noch war aber Hurter mit dem ersten Bande seiner Geschichte Ferdinands II. beschäftigt, als ihn die Märzrevolution des Jahres 1848 gleich seinem Gönner Jarcke aus Wien vertrieb. Die Dienstesenthebung mit einjähriger Abfertigung ist 1849 auf Werners Betreiben in die Übersetzung in den dauernden Ruhestand umgewandelt worden. Auch Sebastian Brunner hat sich damals des vertriebenen und abgesetzten Hurter angenommen 645). Eine weitere, dem Beamtenkörper der Staatskanzlei eigentümliche Besonderheit, die — da sie, wie Ignaz Beidtel berichtet, ansonsten gemeinhin verboten war 646) — zugleich ein Vorrecht bedeutete, war das starke Vorherrschen verwandtschaftlicher Beziehungen, und zwar in verschiedenen Graden. Brüder waren Alois und Karl Stradiot, Johann und Peter Dilg, Ludwig und Johann Reymond (letzterer in diplomatischen Diensten), Karl und Ludwig Siber und — woran das Generalrechnungsdirektorium besonders Anstoß genommen hat 647) — der Kassenreferent Ernst und der Kassenkontrollor Karl Niebauer. Noch häufiger als Brüder sind Väter und Söhne anzutreffen. Es galt geradezu als ein ungeschriebenes, bisweilen unmittelbar angesprochenes Gesetz, daß der Vater nach entsprechend langer, zufriedenstellender Dienstleistung um die Anstellung des Sohnes einkommen konnte. Einer Sonderstellung einziger Art haben sich die Kesaer erfreuen dürfen, deren Familie seit der Errichtung der Staatskanzlei dieser vom Vater auf den Sohn ohne Unterbrechung gedient hat ®48). Karl sen. und Josef waren Söhne des Registrators Franz Anton und Karl jun. der Sohn des ebengenannten Karl sen. Auch der Expeditor Urban Josef Obermayer — selbst der Sohn eines Rates der ehemaligen italienischen Hofkanzlei — hatte sich der Anstellung seines Sohnes Josef zu erfreuen. Der Staatskanzleihofrat Baron Collenbach hat seine Fürsorge seinem Stief- und Adoptivsohn Franz Lebzeltern zugewendet. Der Hofsekretär Johann Schweiger führte der Staatskanzlei seinen Sohn Josef zu, Hofrat Perin seinen Sohn Christian. Valentin Huszár war der Sohn des letzten Zahlmeisters der niederländischen Hofkanzlei. Josef Springer versorgte seinen Sohn im Kurierdienst, während der Türhüter Straub seinem Sohn Franz einen Offizialsposten sichern konnte. Josef Pilat gelang es, seinem Sohne Clemens die diplomatische Laufbahn und seinem Sohne Friedrich, sowie seinem Neffen Clemens Klinkowström den Dienst in der Staatskanzlei zu erschließen. Denselben Lebenswegen konnten Lebzeltern und Brenner ihre Söhne Eduard (Lebzeltern) und Adolf und Ernst (Brenner) zuführen. 644) H. Hurter 1. c. 2, 123 f., 129 f.; siehe S. 49 h 64B) H. H u r t e r 1. c. 2, 229 ff. 646) Beidtel-Huber 1. c. 2, 257. M7) 43 II 18 Skontrierungsberidit Interiora 68. 84S) 42 XI 30 Gesudi Karl Kesaers sen. Personalia 10. 110